Face Music - Traditional vocal technique and repertory of the Khakas people




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P & C December 1998
- Face Music / Albi

- last update 03-2016


Text in German


Traditionelle Stimmtechnik:


- Khai (Kehlkopfgesang)

Khai ist die traditionelle Form des Kehlkopfgesangs aus der Region Sajan-Altai, die sehr eng mit dem altaiischen und Shor (kai) verwandt ist, wobei nur die tiefsten und die höchsten Stimmlagen verwendet werden. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Stimmtechnik (Sänger und Erzähler) für lokale Epen, die von Männern vorgeführt wird. Dies stellt einen wichtigen Teil des kulturellen Erbes der Chakassen dar, unlösbar verbunden mit ihren epischen Formen und dem Erzählen von Geschichten und aus diesem Grund sehr angesehen. Dies gilt als die nobelste Art der künstlerischen Darstellung.

Obertongesang und Kehlkopfgesang sind allen südlichen sibirischen Turkvölkern gemein, dabei vielen mongolischen und auch einigen kasachischen Stämmen. Der Obertongesang oder der Kehlkopfgesang sind auch bei Turk sprechenden Stämmen in verschiedenen Teilen Mittelasiens zu hören. Die Musiker der Baschkirs aus dem Uralgebirge z.B. bezeichnen ihren Stil des Obertongesangs uzlyau. Der Obertongesang ist eine ganz spezielle Technik, bei welcher ein einzelner Sänger gleichzeitig zwei unterschiedliche Töne erzeugt. In seiner reinsten Form (Tuwa und Mongolei) ist ein Ton ein tiefer, nachhaltiger Grundton (eine Art Bordun), und der zweite Ton ist eine Reihe von flötenähnlichen Harmonien, die hoch über diesem Bordun schwingen. Jene, die diese Gesangstechnik meisterhaft ausüben, können sogar den Obertonklang lauter als den Grundton (Bordun) machen, so dass der Bordun nicht mehr hörbar ist. Eine andere Technik, die oftmals von Obertonsängern verwendet wird, kombiniert einen normalen glottalen Ton mit der niedrigfrequenten, pulsähnlichen Schwingung oder Vibration, die als Unterton bekannt ist. Die Turk-Stämme in der Region Sajan-Altai singen ihre Texte für gewöhnlich in einer solchen Unterton-Stimmlage von etwa 25-20 Hz. Schoren oder Chakassier singen gewöhnlich ihre Texte nicht in einer solchen Unterton-Stimmlage, sie benützen kharygha sparsamer.

Die Khakassen, Altaier und Shor im nördlichen Teil der Region Sajan-Altai lassen, anders als die Tuwa und die Mongolen, die Obertone beim Kehlkopfgesang (khai, kai, khöömei und khöömij) nicht so stark hervortreten. Bei Khai handelt es sich traditionellerweise um eine grösstenteils männliche Stimmtechnik, wenngleich man auch von Frauen weiss, die diese dargeboten haben und darbieten. Diese besteht darin, dass ein Grundton erzeugt wird, während das Zwerchfell zusammengedrückt und die Stimmbänder zusammengekniffen werden. Auf diese Weise entsteht ein rauer Ton, der von den weichen Obertönen begleitet wird, die sich mit den Lauten des rezitierten Textes ändern; dadurch wird schliesslich ein vielschichtiger Ton erzeugt, der über dem Grundbordun schwebt. In der chakassischen Tradition werden Obertöne nur selten zur Erzeugung einer Melodie verwendet. Khai wird nicht eingesetzt, um Virtuosität darzustellen sondern vielmehr, um auf überzeugende Weise einen Text zu vermitteln; aus diesem Grund wird dies nur selten unabhängig dargeboten.

Khai ist untrennbar mit alyptygh nymakh (Erzählen von Heldengeschichten) verbunden. Ein Erzähler, der Heldengeschichten mit khai und einem begleitenden Saiteninstrument darbietet, wird als Khaidzhi bezeichnet. Er erzählt einen Teil der Geschichte auf einem einzelnen, wiederholten Grundton, mit vorübergehenden Wechseln zu einem höheren oder tieferen Ton. Durch die Verwendung des khai unterscheidet der Erzähler zwar deutlich zwischen den Wörtern, bringt aber gleichzeitig die Obertöne subtil über dem rezitierten Text zum schwingen. Die Obertöne verstärken den Text der Geschichte, da sie ein aussergewöhnliches Texturtimbre schaffen, das den übernatürlichen Zeit-Raum erzeugt, in welchem die epische Welt zum Leben erwacht. Eine solche Darbietung kann bis zu mehreren Nächten dauern. Geschichtenerzähler verwendeten diese kräftige Stimmtechnik auch für ihre Lieder, wobei Sänger später diese Technik übernahmen.

Khai bezeichnt sowohl die chakassische Technik des Kehlkopfgesangs wie auch einen dessen Stile:

- Kharygha
or ulugh chon khai
Kharyghra (“Khai der geschätzten Alten”) ist der tiefste Ton, den eine menschliche Stimme erzeugen kann, verwandt mit dem kargyraa der Tuwa. Dieser Ton muss aus dem tiefsten Teil der Luftröhre aufsteigen und im Brustkorb schwingen. Er wird für die Erzählung von Geschichten des alyptygh nymakh (Heldengeschichten) verwendet.
- Küülîp or Küveler – bedeutet “summen”. Dieser Ton klingt eine Oktave höher als kharghyra oder ulugh chon khai. Es ist mit dem chöömei (chömei aus dem Altai und chöömij aus der Mongolei) der Tuwa verwandt, konzentriert sich aber weniger darauf, einen ausmachbaren Oberton zu erzeugen. Dies ist der Hauptstil für das Geschichtenerzählen des alyptygh nymakh. Oftmals lautet die Bezeichnung dafür schlicht „khai“, weil dies der einzige Stil ist, der die Zeit der Sowjetunion überlebt hat.
- Syghyrtyp – bedeutet “pfeifen” und ist mit dem Tuwa-sygyt verwandt. Dabei handelt es sich um den höchsten und hellsten Stil des Obertongesangs, bei welchem die höchsten Stimmlagen verwendet werden (in der Natur hat jeder Ton Obertöne, selbst das Pfeifen des Windes besitzt seine Oberschwingungen). Syghyrtyp weicht von den anderen chakassischen Stilformen ab, da der Sänger die Obertöne betont und aus diesen kurze Melodien bildet. Diese Technik basiert auf küveler oder küülep, daran beteiligt sind aber Mundhöhle, Rachen und Zunge. Dieser Ton wird am Ende von Phrasen verwendet, die im Stil des küveler oder küülep vorgetragen werden.
In den älteren Darstellungsformen wurde meist nur das Summen (küülîp) für Geschichten und Lieder verwendet. Heute wird die Kehlkopfstimme (khai) vor allem für Lieder und in geringem Masse für Gebete eingesetzt. Kharghyra und syghyrtyp werden hier gleichermassen wie küülîp gebraucht.

Abgesehen von Heldenepen, bieten die Chakassen auch Geschichten in Prosa dar, so z.B. heilige Mythen über den Ursprung der Welt, Schöpfer-Geister, Geister-Besitzer und andere Geister; wahre Geschichten und Legenden über historische Helden, Schamanen, Vorfahren der Gruppe und Genealogien; lustige Geschichten und Volksmärchen für Kinder; Wiegenlieder und Totenklagen; gesungene oder rezitierte Gedichte wie feststehende kanonische Lieder und kurze improvisierte Lieder; Redensarten, Sprichwörter, Weisheiten und Rätsel; Gebete, Aufrufe; Danksagungen und Segnungen; und viele mehr.

- für mehr Information siehe im Web unter: Traditionelle Musik und Instrumente der MongolenTraditionelle Instrumente der Altaier und traditionelle Stimmtechnik der Altaier


Traditionelles Repertoire:

- Nymakh
- allgemeine Bezeichnung für ein Epos, wobei in der Regel das Heldenepos (alyptygh nymakh) gemeint ist.
- Nartpakh - allgemeine Bezeichnung für ein Epos bei chakassischen Subgruppen, die im Südwesten siedeln.

- Alyptygh nymakh
– Heroische Epen und Heldensagen; sie stellen ein chakassisches nationales Kulturerbe dar; diese werden rezitiert mit khai (Kehlkopfstimme) und in Begleitung von Melodien (kög-ler) auf der Chatkhan (Kastenzither) oder mit der Khomys (Laute).

Am Anfang steht die Schöpfung, daraufhin wird die Herkunft und das Aufwachsen des Haupthelden oder der Hauptheldin geschildert sowie dessen/deren Abenteuer mit magischen und spirituellen Kräften wie auch ihre Kämpfe mit der Unterwelt sowie über das gelegentlich sprechende weise Pferd und die Hilfe von wohlgesinnten Geistern und Kreaturen der oberen Welt. Beim Rezitieren werden häufig Sprichwörter (söspek-ter), weise Sätze und Redewendungen (khyigha sös-ter) oder Puzzles (taptyrghas-tar) verwendet. Bei menschlichen dramatischen Höhepunkten werden Beschreibungen mit improvisierten Texten (zakhpakh-tar) geschmückt – häufig als Dialoge zwischen zwei Personen – mit Liedern (yr-lar oder saryn-nar) und Lamentos (syyt-tar). Wenn man sich an höhere Wesen wendet, werden rituelle Texte beigefügt, wie Anrufungen um Hilfe oder Wünsche in Form von Poesie (alghys-tar, suranys-tar; Gebeten ähnlich).

Ergänzungen:
- Alyptygh nymakh werden mit einem Ton (köö) oder auf Khomys oder Chatkhan eingeführt.
- Geschichten werden durch alternierende, unbegleitete Sprechstimme und Khai (Kehlkopfstimme) mit Begleitung von Instrumenten rezitiert.
- Die Geschichtenerzähler brechen die Erzählung mittels instrumentaler Interludien auf und fügen Lieder und Wehklagen in Hinblick auf menschliches Drama hinzu.
- Alyptyghttygh nymakh (“Geschichte mit einem Held”) ist die längste und bedeutendste Art des Geschichtenerzählens. Am besten wird sie mit khai (Kehlkopfgesang) und einem Saiteninstrument dargeboten. Diese Art der Darbietung von Epen ist für Männer reserviert und wird als attygh nymakh (“Geschichte mit einem Pferd”) im Gegensatz zum chazagh nymakh (‘Geschichte zu Fuss”) bezeichnet, welches oftmals von Frauen mit gewöhnlicher Stimme und ohne instrumentale Unterstützung vorgetragen wird. Oftmals in Begleitung mit einer Kastenzither (chatkhan); heutzutage gibt es nur noch wenige Darbietungen, und diese werden nur in langen Nächten und in der kalten Jahreszeit vorgetragen.

- Attygh nymakh (“Geschichte mit einem Pferd”) Diese Art der Darbietung ist für Männer reserviert. Sie werden mit khai (Kehlkopfgesang) und einem Saiteninstrument dargeboten.
- Chazagh nymakh – ("Geschichten zu Fuss") sind Rezitationen, die ohne Instrumentalbegleitung und ohne Kehlkopfstimme vorgetragen werden. Sie sind selten und werden oftmals auch von Frauen vorgetragen.
- Kip-chookh – Erzählungen in Prosa, die gleichermassen von Frauen und Männern erzählt werden, umfassen heilige Mythen, über die Entstehung der Welt, über Schöpfer, Besitzgeister und andere übernatürliche Mächte; Geschichten und Legenden über historische Helden, Schamanen, Vorfahren der Stämme; sowie humorvolle Geschichten und Märchen. Die umfangreichsten kip-chookh Geschichten (wie auch alyptygh nymakh, „Geschichten mit einem Pferd“) enthalten Lieder, Totenlieder und Klagen.

Die Chakassen haben zwei Hauptkategorien von Liedern. Sowohl takhpakh als auch saryn und yr. Wünschen der Natur oder der Heimat das Allerbeste.
Sind mit Lobpreisungen (Lobliedern) der Altaier (maktal) oder der Mongolen (magtaal) vergleichbar.

- Takhpakh – sind spontan improvisierte Texte und beschreiben die Natur, die Heimat, ein Zusammentreffen oder erzählen von einem anderen Sänger. Solche Texte werden oft bei Gesangswettbewerben, die als aitys bezeichnet werden, aufgeführt. Dabei duellieren sich im Wettbewerb zwei Sänger abwechselnd mit improvisierten Versen zu begrenzten Melodien und versuchen, sich gegenseitig an Originalität und Witz zu übertreffen. Solche Sänger geniessen Unterstützung durch ihren Besitzgeist, sie erhalten die Fähigkeit, solch inspirierte Texte vorzutragen. Feststehende Lieder werden von den Chaas, Khyzyl und Khoibal als „yr“ bezeichnet, und von den Saghai und Piltîr als „saryn“, und sie besitzen mehrere Verse, sind auf ein Thema ausgerichtet und werden oft mit aufwändigen Melodien begleitet. Die meisten solcher Lieder sind lyrische Lieder, in welche die Interpreten eigene Gedanken und Gefühle über Leben und Ereignisse im Alltag oder aus der Vergangenheit einfliessen lassen; einige handeln von ihrer Arbeit. Es sind gesellige Spiele bei Zusammenkünften oder Klagelieder.

Die Mongolen kennen auch in Strophenform, ohne eigentlichen Refrain, mit voller Stimme und in höchster Lage gesungene Lieder. Die Melodie ist von einem "Mantel" umgeben; man singt mehr als drei Oktaven; diese Lieder unterliegen immer strengen Vortragsregeln. Es sind Vierzeiler, und der Anfang der Zeilen wird jeweils durch den gleichen Buchstaben des ersten Wortes bestimmt. Texte werden von anderen Sängern übernommen, und es werden neue Improvisationen hinzugefügt: dadurch entstehen lange Geschichten (Lieder). Die Leute singen diese langen Lieder vor allem, wenn sie in der offenen Steppe allein sind und langsam voranreiten. Das Repertoire ist Ausdruck für die Freiheit und die Weite der mongolischen Steppen und begleitet auch zyklische Riten des Jahres und Zeremonien des alltäglichen Lebens. Lange Lieder sind auch ein wesentlicher Bestandteil bei Festen in Rundzelten.
– Die chakassischen Liedmelodien sind meistens eher beschränkt: oftmals nur auf eine Oktave.

- Saryn und Yr – sind mehrversige Lieder mit einem mehr oder weniger feststehenden (kanonisierten) Text und oftmals eine kompliziertere Melodie als takhpakh (Improvisation). Die chakassischen Stämme des Nordens bezeichnen diese als “yr”, die südlichen als“saryn”.
- Aian – Aidym – Spontan gesungen, ohne bedeutende Worte (Silben ohne Bedeutung), etwa wie “tralala“ bei uns, verwandt mit altaischen oioiym.
- Alghys (alghys-tar) – Danksagungen, Segen (von algha: zu segnen), Gebet.

- Alghas-tar Danksagungen können sehr unterschiedlicher Art sein; sie werden in Chakassien meistens gesprochen oder rezitiert und sind somit keine Lieder. Man rezitiert in und um das Haus täglich Segen und Gebete (alghys). In einigen Fällen werden solche auch gesungen, wie bei Hochzeiten "ein Lob dem Brautpaar", so etwa zu bestimmten Jahreszeiten (Mittsommernacht, Mondwechsel, erste Melkung der Stuten) und an kraftvollen Plätzen in der Natur, wo Gruppen von Menschen sich versammelt haben. Zelebriert von einem Ältesten oder beruflichen Alghyschy*.
– *Spezialisten, die Rituale ausführen; meistens eine ältere Frau oder ein Mann aus der Gemeinde oder dem Klan.

Beim Antritt einer Reise oder in einer Unterbrechung (Pause) werden alghys ebenfalls zelebriert. Auch an Stellen, wo die Anwesenheit solcher „Geister“ – "Besitzer" - zu spüren ist: Steinhaufen, heilige Bäume oder Quellen. Dabei wird vorgenommen ein Versprühen von Alkohol, Zerstreuen von getrockneter Gerste, Zigaretten, Brot, Süssigkeiten und dergleichen, während man ein Gebet murmelt. Mit einem Gebet wird auch um die Erlaubnis gefragt, ein Land betreten zu dürfen. Ferner werden Gebete zum Schutz für kleine Kinder, bei der Fütterung der Tiere, zum Beschwichtigen des Geistes des Feuers an der Feuerstelle des Hauses und beim Verlassen oder Betreten eines Hauses in der Nacht gesprochen. Gebete werden selten laut ausgesprochen, oft nur gemurmelt. Man kann dies erkennen, dass durch Körperhaltung, Bewegung und Gesten jemand im Gebet steht, so wie z.B. Gehen im Kreis - (immer im Uhrzeigersinn), dauernde Verbeugungen, Gesten zum Himmel etc.
Gebete mit vorgegebenen Texten, die den Respekt verlangen und man für Wohlergehen anfordert, den Geist der Natur ("Eigentümer" ee-ler; eezî.). Diese Geist-Besitzer haben bestimmte Bereiche (Berggeist: tagh eezî; Wassergeist: sugh eezî). Heiler und Schamanen haben Hilfsgeister (tös-ter), die alle von einer anderen Art sind, andere Namen haben, und zur Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen angerufen werden.

Kanonische Texte zur Beschwichtigung allerhand Geister können alghys sein, zur Beschwichtigung von Besitzergeistern (ee-ler) sind alghys-tar und werden rezitiert von Alghyschy oder Schamanen während grösserer Gemeinschaftstreffen wie tagh taiygh (Bergritual) und tigîr taiygh (Himmelritual) oder zur Beschwichtigung von Hilfsgeistern (tös-ter). Hierzu wird Dichtung verwendet, die auch alghys heissen. Bevor man aber die Hilfsgeister (tös-ter) beschwichtigen kann, müssen sie erst durch spezielle Verse, diese tös tartkhany (“Hilfgeister-Anrufe“), aufgerufen werden, zu erscheinen.


Barden – Kaichi (Khaigee – Khaidji)

- sind Sänger, die gesammelte Mythen, Sagen, Legenden und Epen vortragen. Sie gehören zu den wichtigen Bewahrern dieser Kultur. Erzählungen sind verknüpft mit deren religiösen Vorstellungen, Praktiken und heilig gehaltenen Plätzen. Auch über die Herkunft der Stämme (sööks), deren Führer und Heldentaten, über die Schöpfungsgeschichten. Solche Epen werden über Generationen oral übertragen und würden rund 4.000 Seiten in Büchern füllen. Wichtige Epen der Chakassier sind: Altyn-Arygh, Ai-Mergen, Khan-Mergen, Khuban-Arygh. und in Schriftform enthalten.
Ülgen, Geser (Schöpfer) oder Aru-tös (Vorfahren) von türkischsprachigen und mongolischen Stammesgemeinschaften berichten Kaichi, so nennt man sie auch, „die Leute des Wissens“ – „neme bilerkizhi“. Solche Epen werden über Generationen oral übertragen; wie z.B. "Altai-buchai", "Maadai-kara" und andere Erzählungen der Altaier.

Epische Geschichten befassen sich grundsätzlich mit der Stammesgeschichte und deren Mythologien. Es ist wichtig zu erwähnen, dass solche Epen selten nur einem besonderen Stamm (söök) zugeordnet werden können. Die Stämme sind untereinander verwandt, nicht aber in einem ethnischen Sinne. Man wendet sich an das "Kollektivgedächtnis" aller Stämme mit deren Vorfahren. Man spricht für alle türkischsprachigen und mongolischne Gemeinschaften und deren sich damals gleichenden Weltanschauungen. In jeder grösseren Erzählung wird ein Held gepriesen (meist ein männlicher Vorfahre und Führer einer Gemeinschaft). Es können aber auch weiblich Helden sein wie in der Legende "Ochibala" (Amazonen-Kriegerinnen) oder chakassiche Heldinnen wie Altyn-Arygh und Khubai-Arygh.

Die Geschichten erzählen von Helden/innen, die unter sonderbaren Umständen geboren wurden. Sie unternehmen Reisen (sei es in Form einer Jagd). Bei der Rückkehr finden sie ihre Gemeinschaften unterdrückt oder ihre Heimat durch Invasion oder Attacken zerstört vor. Angreifer werden darin beschrieben, die eine Unterdrückung mit dem Charakter einer Gestalt wie Erlik, dem Herrscher der Unterwelt, identifizieren. In den Heldengeschichten (Epen), auch in der Form von Märchen, sind zentrale Figuren die Helden mit übermenschlichen Kräften, die mit Gewalt, List und Weisheit begnadet sind und die Freiheit wieder herstellen. Unterdrücker werden besiegt oder vertrieben, und die Helden werden als Führer und Befreier gefeiert. Es ist zu einer Form deren Vergötterung gekommen. Beispiele dafür sind Stammesführer wie Amyr-sana, Schunu oder der Oirot-khan. Im Volk waren auch die Geschichte und der Glauben an Ak Jang verbreitet – „weisser Glaube" (siehe mehr unter Burchanismus –
ist aber bei den Chakassen nicht bekannt). Ebenfalls wird die Legende vom Befreier, der zurückkehrt und das Volk erlöst, beschrieben (Schamballa – der König kehrt aus dem Paradies zurück, um das Volk zu befreien – kennen die Chakassen auch nicht).

Ein gemeinsames Gebet gerichtet an "Geist-Ritter“ (Helden) zum Dank der Erlösung wird von Priestern in Zusammenkünften zelebriert –
kennen die Chakassen nicht. Namen treten dabei auf wie: Schunu, Altyn-tunter, Geser-khan, Khantolpytte, Bakshi-burkhan, Altyn-kerel, Altyntopchy, Ak-anchilei und andere. Besonders wichtige unter den Helden sind die drei: Oirot-khan oder Galdan-Oirot, Schunu (auch Ashina gemeint) und Amyr-sana - alle drei Helden sind mit den Leiden der Dzungaren (Dschungaren) unter den Attacken der Mandschu aus der Qing Dynastie (17./18.Jh) verknüpft.

- Shunu
(Ashina – "Wolf")

– Eine altaiische Version von Asena (Aschina). Dabei handelt es sich um das höchste Totem bei den alten Turken; die Ur-Mutter aller Turken.
- Amyr-sana – Die Figur ist aus dieser Dzungaren-Konföderation (Oirot-Allianz) entstanden. Er war der Prinz und später der Häuptling des Stammes Koit, der eine Rebellion in Tarbagatai startete und gegen diese mandschu-chinesische Herrschaft antrat. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen, und im Jahr 1756 floh Amyr-sana über den Altai nach Russland, wo er in Tobol'sk an Pocken starb. Während seiner Herrschaft erlebte das Dschungarenreich seine grösste Ausdehnung als Macht wie nie zuvor oder je danach. Zu dieser Zeit war der Altai mit den Altaiern "Teleuten und Schor" ein Teil dieser Dschungaren-Oiraten-Allianz. Diese standen später aber als Vasallen unter der Qing Dynastie.
- Galdan-Oirot – dabei handelt es sich ebenfalls um eine historische Figur. Galdan-Tseren stammte aus dem Choros-Stamm, der im Jahr 1677 zum Dschungaren-Khan gewählt wurde. Er war ein mythologischer Befreier der westlichen Mongolen. Quellen dafür sind unveröffentlichte Manuskripte des Ethnographen und Musikwissenschaftlers A. Anokhin, der mehr als 20 Jahre im Altai verbrachte.

Eine Reihe epischer Geschichten zeigt Ähnlichkeiten in ihrer Identität mit Geschichten von Altaihelden sowie mit Dschingis Khan oder einer mongolischburjatischen Version der Geser-Geschichten (Epen).

Überarbeitet von Hermelinde Steiner and Liesbet Nyssen 2013

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