Face Music - Peoples of Siberia
  • Die nördlichen Völker




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P & C December 1998
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- last update 03-2016


Text in German

Man findet diese nördlichen Kleinvölker im fernen Osten. Die grösste Gruppe sind die Ewenken und Nenzen. Die kleinste Gruppe umfasst die Enzen und Orotschen. Bei diesen nördlichen Gruppen handelt es sich ausschliesslich um nomadisierende Völker. Ihre geringe Zahl begründet sich mit der Wirtschaftlichkeit der Taiga und daran, was ein Jäger zur Ernährung seiner Familie oder bei den Rentiernomaden an Weidefläche benötigt. Lebensgrundlagen waren neben Fischfang und Pelzwerk auch Meerestiere und das Sammeln von Pilzen, Beeren, Nüssen, Algen und Heilpflanzen. Diese nomadisierenden Gruppen leben heute noch in Zelten, Jarangas, auch Tschum genannt, die mit Rentierfellen bedeckt werden. Die Fortbewegung erfolgt mit einem breitkufigen Schlitten, dem Narty, der auch im Sommer über den feuchten Tundraboden gezogen werden kann. Die Glaubenswelt wird vom Schamanismus mit einer Vielzahl von mystischen und kultischen Handlungen bestimmt.
  • Ursa: Sibirisches Tepees (Form eines Tipizeltes)
    In Sibirien und in einigen Teilen der Mongolei ist eine Alternative zum Ger (Heim/Haus) die ursa, auch als chum (Tschum) in anderen Sprachen bekannt. Die Nomaden beim Polarmeer nutzen diese Zeltform, mit Karibuhäuten überspannt, wie die Hirten im Sajan-Gebirge (Tsaatan Rentierzüchter). Sie sind so konzipiert, damit sie leicht transportiert werden können. Vorweg nutzen die Samojeden, Ewenken, Tschuktschen und einige andere Völker solche Behausungen; und auch die Völker, die in der Arktis an Orten im hohen Norden auf der Jamal-Halbinsel (siehe Karte) leben.
- weitere Informationen zum Schamanismus: Religion der Urvölker Sibiriens
- weitere Informationen zum Schamanismus: Schmanisums (Tengerismus) in der Mongolei

Diese nordischen Kleinvölker gehören verschieden Sprachfamilien an und waren ursprünglich weiter südlich beheimatet:

  • - Finno-ugrischen: Chanten und Mansen
  • - Samojedischen: Nenzen und Ngasanen
  • - Mandschu-tungusischen: Ewenen (Lamuten) und Ewenken (Tungusen)
  • - Paläosibirischen: Keten, Tschuktschen, Jukagirier und andere im fernen Osten.
Die grösste Gruppe, die Westsibirien bevölkert, sind ugrische Stämme: die Chanten, Mansen, früher Wogulen oder Ob-Ostjaken genannt, die in der bewaldeten Taiga in Westsibiriens leben. Ihre Nachbarn sind die Samojeden (Nenzen und Selkupen) im Norden, die vorwiegend in der Tundra Rentierzucht betreiben. Sie alle gehören zur uralischen Sprachfamilie, welche die samojedischen und finno-ugrischen Völkerschaften umfasst. In den Steppen und Waldsteppen Südsibiriens siedeln vorwiegend turksprachige Stämme, zu denen auch die von den Turken assimilierten Tungusisch-Mandschu sprechenden Urvölker zählen. Unter ihnen sind die Altai-Menschen (Altai-Kizhi), die Chakasier und Tuwinen zahlenmässig am stärksten. Zur altaischen Sprachfamilie zählen heute alle Stämme, die einer turk-tatarischen, mandschu-tungusischen oder mongolischen Sprache angehören. Zu Turkvölkern zugeordnet werden auch die mit den Pferden nach Norden gewanderten Jakuten (Sacha), die ursprünglich am oberen Jenissej siedelten.
In den Weiten der Taiga und Nadelholztundra östlich des unteren Jenissej siedeln seit jeher Waldjäger und Rentierzüchter wie die Ewenen (Lamuten) und Ewenken (Tungusen). Ebenfalls eine zahlenmässig starke Gruppe im Ostsibirischen Raum bilden die mongolisch geprägten Burjaten in der Baikalregion. In der Amurregion sind es die Nanai, die Ultschen und die Giljaken. Sie gehören ebenso wie die im Nordosten Sibiriens lebenden Tschuktschen, Korjaken, Jukagiren und Ainu zu den paläosibirischen Völkern, die eigentlich direkte Nachkommen einer Urbevölkerung Sibiriens sind. Eine Ausnahme bildet eine kleine Gruppe im zentralsibirischen Raum, die Keten, die einer tibeto-burmanischen Sprachfamilie angehören. Sie werden dieser paläosibirischen Urbevölkerung zugeordnet. Im 17./18. Jahrhundert waren am Westufer des mittleren Jenissej noch zahlreiche Nachkommen dieser durch Stämme wie die Kotten, Assanen und Arinen vertreten.
- mehr Informationen zu den Jakuten, Burjaten, Altaiern, Chakasiern und Tuwiner - siehe unter „Die südlichen Völker
Sprachentwicklung im Sibirischen Raum – Proto-Uralisch
Das Bild, das wir heute haben, wurde durch mehrere Vergleiche über Generationen erarbeitet. „Uralisch“ wird als Sprachfamilie verstanden, deren Mitglieder ursprünglich einer einheitlichen Ursprache angehörten, deren Trennlinie innerhalb einer Familie mit finno-ugrisch im Westen und samoyedisch im Osten verlief. Sie umfassten ein Gebiet zwischen Fennoskandinawien (Baltische Region) und einem östlichen Gebiet in Sibirien (Baikal-Region). Die wahrscheinlichste Urheimat für das Samojedisch-Uralische könnte das Territorium zwischen den Flüssen Ob und Jenissei in Sibirien sein. Diese Gruppen war untereinander nicht „ganz einheitlich“, sondern dialektisch diversifiziert, wie jede natürliche Sprache. Dabei gab es Verzweigungen innerhalb einer Familie, wie etwa das Samojedische mit seinen unmittelbaren westlichen Nachbarn, dem Khantischen, Mansischen und Permischen im östlichen Ural. Obwohl erkannt wurde, dass im Uralischen eine gültige Einheit vorhanden war, gibt es viele Details dieser Sprachgemeinschaft, die immer noch ungelöst scheinen, vorab die Fragen der Datierung und ihrer Lokalisierung.

Heute kennt man 6.000 bis 7.000 gesprochene Sprachen, und diese haben 400 bis 500 getrennte Linien oder Familien. Das Uralisch mit seinen 30 bis 40 Sprachzweigen war etwas grösser als eine durchschnittliche Familie. Aufgrund der Anzahl von Sprechenden war es eine relativ kleine Einheit im Hinblick auf seine territorialen Ausdehnung, aber eine der grösseren Familien auf unserem Planet und eine "alte" Familie, was heisst, dass sie vor langer Zeit gebildet wurde.

Eine der grossen ungelösten Fragen im Zusammenhang mit der menschlichen Sprache ist, wie diese sich in prähistorischen Zeiten entwickelt hatte, in einer Jäger- und Sammler-Gesellschaft innerhalb der borealen Zone in Zentral- und Eurasien. Ein entscheidender Faktor einer solchen Veränderung scheint zumindest bei vielen "alten" Sprachfamilien zu sein, dass eine sogenannte Evolution, die eine schnelle Entwicklung innerhalb der Wirtschaftlichkeit mit zunehmendem Wohlstand, vor allem Landwirtschaft und Viehzucht darstellt, zu finden ist, und damit verbunden eine anschliessend enorme Bevölkerungszunahme und soziale Umschichtungen. Es ist besonders wichtig zu beachten, dass die Bildung heutiger grosser Sprachfamilien nicht notwendigerweise auf Völkerwanderungen oder Katastrophen zurückzuführen sind. Hauptprozesse fanden durch sprachliche Assimilationen oder Sprachwechsel statt, in welchen eine sprachliche Vielfalt nach und nach zu Gunsten einer expansiven Familie verloren gegangen war. Verloren gegangen ist somit eine genetische Vielfalt, das heisst die Anzahl der Zweige einer Sprachfamilie, während die Zahl der getrennten Sprachen relativ stabil blieb. Demzufolge waren in prähistorischen Zeiten viele Sprachen zu finden, wie wir heute erkennen können; wobei man annimmt, dass die Gesamtbevölkerung in der Jungsteinzeit ein paar Millionen erreichte, vielleicht sogar noch viele mehr. Dies dürfte eine vernünftige wenn auch ungenaue Schätzung sein, wenn man davon ausgeht, dass die durchschnittliche Sprachgemeinschaft aus rund 500 Menschen bestanden hatte. Es könnten aber gut 10.000 gesprochene Sprachen in der Zeit vor dem Ausbau der heutigen uns bekannten Sprachfamilien existiert haben. Es ist schwierig zu schätzen, wie viele Linien diese prähistorischen Sprachen hatten, doch die Zahl muss grösser gewesen sein als heute, da die Bedingungen für sprachliche Expansionen weniger günstiger war. Alle prähistorischen Sprachen hatten grundsätzlich die gleiche Chance in ihren Linien von Vorfahren bis zu Überlebenden der Gegenwart, aber nur sehr wenige von ihnen waren erfolgreich. Der Hauptgrund ist, dass sie durch den Ausbau vorhandener Sprachfamilien ausgelöscht wurden. Man könnte auch sagen, dass alle prähistorischen Sprachen, so wie heute, unter der ständigen Bedrohung des Aussterbens standen. In diesem Sinne war Uralisch eine 'gefährdete' Sprache gewesen, bis ihre Expansion ihren Ausgang nahm.

Was jedoch eine unbestrittene Tatsache ist, ist, dass uralische Sprachen mit den sogenannten Altaischen Sprachen, darunter wird Turkisch, Mongolisch, Tungusisch, Koreanisch und Japanisch verstanden, zu einem trans-eurasischen Gürtel gehörten. In diesem Falle gibt es Parallelitäten zu ihrer Nachbarschaft, so dass wir von einem ural-altaischen Sprachraum sprechen können. Abweichungen treten vorab nur zum prototypischen Ural-Altaischen, und dies nur in einzelnen Zweigen, besonders im Westen zum Finnischen, Samischen und im Norden zum Samojedischen, auf; im Osten zum Koreanischen und Japanischen, aber die grundlegende typologische Ausrichtung ist dennoch innerhalb dieses transkontinentalen Gürtels zu beobachten. Der Ural-Altaische Gürtel kennt klare Flächen, die einen Sprachtyp in Bezug auf seine Nachbarn abgrenzen, sowohl im Norden mit dem Jukagirischen, Kamtschukotischen, im Süden zum Indo-Europäischen, Sino-Tibetischen als auch im äussersten Osten zum Ghilyakischen der Niwchen, Ainuischen. Dem Rande entlang des Ural-Altaischen Gürtels können wir auch Beispiele für schrittweise Angleichungen beobachten, wie im Fall der Nordchinesen oder von mehreren turkischen und mongolischen Stämmen in der Amdo Qinghai-Region.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass es auch flächenmässig und typologisch Parallelen gegeben hat, mit einem Bezug zum Uralisch und dessen nicht ural-altaischen Nachbarn, vor allem mehr zum Indo-Europäischen. Wichtig sind sowohl uralische und indo-europäische Familien als auch turkische, mongolische, tungusische, jukagirische, amurische (ghilyakische) und kamtschukotische Sprachen; sie alle gehören einer sogenannte Mitian Sprache an, in welcher die Wurzeln der Personalpronomen, wie sie in vielen Sprachen auch für persönliche Marker verwendet, enthalten waren.

Diese Sprachgemeinschaft unter der Uralisch sprechenden Bevölkerung war mit einer Vielzahl von aussersprachlichen Faktoren verknüpft, verbunden mit wirtschaftlichem und Bevölkerungswachstum, geprägt durch kulturelle und politische Umstände. Wenn nur Zahlenverhältnisse berücksichtigt werden, müssten wir zu dem Schluss kommen, dass das ursprüngliche Uralisch dem modernen Ungarischen sehr nahe stand. Wir wissen jedoch, dass die ungarische Lautsprache einen lokalen Komplex darstellt, durch den physischen Kontakt mit dem Zentraleuropäischen. Diese Besonderheiten sind auch in den Nachbarsprachen vorhanden, einschliesslich dem Rumänischen, Serbischen und Slowakischen. Es gibt kaum eine Uralisch sprachige Bevölkerung, die weiter von diesem Proto-Uralisch physisch entfernt zu finden ist als die Ungaren. Nehmen wir ein ähnliches Beispiel aus einer anderen Sprachfamilie: Türkisch ist heute die "grösste" Turksprache in Bezug auf die Anzahl an Sprechenden. Dadurch könnte schnell die falsche Implikation entstehen, dass die modernen Türken in der Türkei eine physisch gesehen "Original"-Art der Turkisch Sprechenden darstellen. Nichts könnte weniger wahr sein, denn in Wirklichkeit wurde Turkisch erst in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends vor Christus gesprochen, und zwar von einer überwiegend "asiatischen" Bevölkerung, die die heutige Region der Mongolei besiedelte. Aufgrund der demografischen, kulturellen und politischen Umstände breiteten sich die Turksprachen in Zentral- und Eurasien anschliessend bis in die Türkei aus, während in der Mongolei diese selbst durch die Ausdehnung der mongolischen Sprachfamilie an den Rand gedrängt wurde. Man könnten sagen, dass die modernen Mongolen in der Mongolei mehr oder weniger direkte Nachkommen der alten Turken sind, während die modernen Türken in der Türkei eine mehr oder weniger direkte Fortsetzung einer alten lokalen Bevölkerung von Anatolien vertreten, die historisch eine Reihe von nicht-türkischen Sprachen enthielten: das Hattische der Hethiter oder das Armenische und das Byzantinisch-Griechische.

Um genau zu sein, wir wissen nicht, ob eine erste Entstehung einer proto-uralischen Sprache auch eine sich nach Westen abzweigende Familie enthalten hat, es ist aber auch möglich, dass sich eine proto-samojedische Familie ostwärts bewegte, während ein proto-finno-ugrische Familie in einer ursprünglichen Position erhalten blieb.
Bemerkenswert ist, dass sich im Minusinsker Becken am Oberen Jenissei erstmals eine proto-samojedische Sprache gebildet haben könnte. Dieses Gebiet stellt eine kompakte Region mit einer aussergewöhnlich gut dokumentierten
Abfolge von archäologischen Kulturen dar, die sich von der Kupferzeit über die Bronze- und frühen Eisenzeit mit Kulturen einer Afanassiewo (3500-2500. v. Chr.), Okunewo (2500-2000 v. Chr.), Andronowo (2000-1400 v. Chr.), Karasuk (1500-800 v. Chr.), Tagar (900-600 v. Chr.), Pazyrik (600-200 v. Chr.) und Tashtyk „Hunno-sarmatischen“ (100 v. Chr. - 200 n. Chr.) bis zu den Jenissei-Kirgisen (ab 400 n. Chr) und den Mongolen (ab 1300 n. Chr.) und später den Eroberungen des russischen Zaren (ab 17. Jahrhundert n. Chr.) hinzieht.

Ohne auf die Frage nach der Möglichkeit einer proto-uralischen Präsenz im Minusinsker Becken einzugehen, ist es relativ sicher, dass eine ethnolinguistische abfolgende Geschichte der Region in rückwärtiger Reihenfolge zu betrachten ist, bis zur Ankunft des Turkischen (später Jenissei-Turkischen), die mit einer Tashtyk (oder Hunnischen) Periode in der Region beendet wurde. Die historische Verteilung der lokalen ethnolinguistischen Gruppen weist stark darauf hin, dass die dominante Sprache im Minusinsker Becken vor der Turkischen Lingua die Sprache der Tashtyk Kultur war, davor die Sprache der Tagar Kultur; wobei diese samojedische Elemente gehabt haben muss (Proto-Samojedisch). Viel spekuliert wurde über die mögliche sprachliche Identität der Karasuk, Andronowo, Okunewo und Afanassiewo Kultur, worüber nichts mit Sicherheit behauptet werden kann. Auch indogermanische Elemente im Samojedischen könnten darauf hinweisen, dass eine frühe Form einer östlichen indo-europäischen (Proto-Tocharischen) in der Region präsent war, entweder davor oder parallel zur Samojedischen Kultur.

- weitere Informationen siehe: Archäologische Funde der Steppenkulturen – aus dem eurasischen und zentralasiatischen Raum
Die nördlichen Völker

Die Nenzen stammen aus dem Altai-Sajan-Gebirgsraum und vermischten sich, nachdem sie am Ob abwärts gewandert waren, mit den dortigen Fischern und Jägern. Sie leben noch heute als Jäger und Viehzüchter entlang der arktischen Küste östlich und westlich des Urals. Eine grosse Bedrohung erleben die Nenzen durch die Ausbeutung der grossen Erdöl- und Erdgasförderung, die eine grossflächige Zerstörung der Rentierweiden vorantreibt.

Die Chanten und Mansen (früher Ob-Ugrier – Wogulen – Ob-Ostjaken) entstanden durch die Vermischung autochtoner Fischer- und Jägerstämme mit ausgewanderten Pferdezüchtern aus dem zentralasiatischen Raum, dem oberen Irtysch, die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. nordwärts zogen. Sie haben sich u.a. am mittleren Ob angesiedelt.
Mit ihrer finno-ugrischen Abstammung sind die Chanten mit den Finnen, Kareliern und Esten verwandt. Entdeckt wurden diese Fischer und Jäger im 11. Jahrhundert durch norwegische Forscher. Auch ihre Lebensweise ist heute durch Erdölförderungen gefährdet.

- siehe Karte (Nenzen = grün, Chanten und Mansen = rot)
Ewenken (Tungusen) und Ewenen (Lamuten) siedelten noch bis im 11. und 12. Jahrhundert in der Baikalregion. Nahe Verwandte sind die Nani (genannt auch: Nanei, Hezhen, Gold oder Samagir), die am niederen Armur siedeln und deren Ahnen zu den Jurchen (später Mandschu genannt) gehören. Sie wurden von zugewanderten Jakuten, einem Stamm von turkisch geprägten Pferdenomaden aus dem Altai, verdrängt. Teilweise vermischten sie sich mit den Jakuten oder sie zogen weiter nordwärts zur Tunkuska, zur Küste am Okotischen Meer. Sie wurden in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch die Eroberung des Sibirischen Raumes ins Gebiet Russlands einbezogen und als Tungusen bezeichnet. Dieser Name hatte sich im ersten Jahrhundert vor Christus aus der Bezeichnung von dun-khu (vom mongolischen tung = Wald) oder vielleicht später aus der Bezeichnung der Jakuten tong uos („Menschen mit gefrorenen Lippen“; heisst auch „Sprechen einer fremden Sprache“) gebildet.
Es gibt verschiedene Hypothesen über deren Ursprung. Eine beruht auf Transbaikalien und der Oberen Amur Region. Wie chinesische Quellen berichten, soll im ersten Jahrhundert v. Chr. ein kleiner Stamm namens
Uvans, der Viehzucht betrieb, in diese Region eingewandert sein und sich mit einer dort ansässigen Bevölkerung vermischt haben; diese bereits dort Siedelnden hatten eine uralische Sprache gesprochen und waren mit Rentierschlitten umherzogen. Die Uvans haben sich zeitweise mit aus dem Süden zugewanderten Turkstämmen oder Jurchen (1) und auch Mongolen in Konföderationen zusammengeschlossen; dies endete mit der Ankunft der turkischsprachigen Stämmen der Rouran (2) (sollen Vorfahren der Jakuten (3) sein, die im 9. Jahrhundert in die Baikalregion und in die Region Transbaikalien emigrierten). Dies war ein Auslöser, dass Tungusen weiter nördlicher gedrängt wurden und sich in der Sibirischen Taiga ausbreiteten, westlich und östlich des Baikals, entlang der Lena und an der unteren Tunkuska. Die Einigung der mongolischen Stämme und die Bildung des Mongolenreiches mit Eroberungen im 12. und 13. Jahrhundert war ein Impuls für eine Abwanderung vom Baikal zu den Flüssen Lena, Aldan und zur Küste am Ochotskischen Meer. Aus dieser Migrationswellen haben sich neue Clans von unterschiedliche Gruppen mit Jägern, Rentierhirten und Pferdezüchtern gebildet. Letztere siedelten vorwiegend in der Umgebung am Baikal und wurden Khamnigans (Pferdetungusen) genannt. Die Solon (Mandschutungusen) siedelten weiter in der Amur Region und zur Grenze Chinas hin.
(1) mehr Informationen zu den Jurchen: siehe unter Mandschu
(2) Rouran (Ruan Ruan – Juan Juan – Quryqan)
Vergleichbare vorgeschichtliche Funde, die um den Baikalsee zutage kamen, können wahrscheinlich den Vorfahren der Jakuten zugeschrieben werden, den Quryqan (Rouran), die zeitgleich mit den Hsiung-nu – Xiongnu im Altai siedelten - im 3. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
– mehr Informationen auch unter: Hsiung-nu - Xiongnu
(3) mehr Informationen zu den Jakuten: Jakuten
Ewenken und Ewenen hatten patrilineale Clans (tege), und ein Clan zählte bis zu hundert Mitglieder gleicher Herkunft. Sie wurden in der Regel nach dem gemeinsamen Vorfahren benannt und von angesehenen Älteren oder einem jungen Krieger angeführt; aber auch von erfahrenen Jägern (soning), einem Schamanen, einem Schmied (blacksmith = tavin), oder einfach einem reichen Rentierhirten.

Diese Gruppen zähmten Rentiere, die Schlitten für Transporte zogen oder schwere Lasten trugen. Die Stämme der Vitim-Olekma, Jukagir und Orochon hatten bis zu 100 Rentiere und verwendeten sie auch zum Reiten und bei der Jagd. Sie waren sehr mobil und legten immense Entfernungen auf der Suche nach guten Weideplätzen für ihre Herden zurück. Sie bauten Zäune während Pausen zur Kalbzeit und entfachten Feuerstellen, um Moskitos und Mücken fern zu halten. Geweihe wurden zurückgeschnitten, Rentiere kastriert und Kranke gesund gepflegt. Rentiere schlachtete man nur, wenn die Familie mit Hungersnot konfrontiert war, nach einer erfolglosen Jagd oder bei fehlenden Glück beim Angeln.
Ihre Grundnahrung bestand aus Fisch und Wild. Tee wurde vor dem Essen getrunken. Sie bevorzugten gekochtes Fleisch in Brühe. Fleisch und Fisch wurden auch an Spiessen gebraten. Im Sommer gab es Rentiermilch, die dem Tee beigefügt und mit Beeren bereichert und aus der Butter hergestellt wurde. Sammeln war von nur untergeordneter Bedeutung.
Die Steppenstämme praktizierten nomadische Viehhaltung (Pferde, Schafe). Sie lebten in lokalen Gruppen und hatten Schmiede, verarbeiteten Knochen, Horn, Tierhäute und schnitzten Holz. Des Weiteren fertigten sie Haushaltsutensilien aus Holz oder Birkenrinde und zum Fischen Netze aus Nesseln an. Sie bauten Birkenrindenboote und fertigten Abdeckungen, Sättel, Schlitten, Skier, Teppiche und Satteltaschen an.
Ihre Kleidung war aus Rentierhaut (rovduga) oder Stoff gefertigt. Die Kleidung wurde mit Riemen aus Fell, Fransen, Rosshaar, Metallanhänger usw. geschmückt. Darüber hinaus trugen sie einen Rentierkopfschmuck. Die Frauen trugen ihr langes Haar nach oben gebunden und mit Perlenbänder (chireptun) umwickelt.

Gejagt wurden Huftiere und Pelztiere, es wurde saisonale Fischerei (Sommer und Winter) betrieben, und in der Taiga praktizierte man Rentierhaltung. Es gab Gruppen, die halbnomadische oder nomadische Lebensformen praktizierten. Solche Jahreswanderungen von Weide zu Weide wurden unterbrochen, wenn Kälber auf die Welt kamen oder wenn Paarungszeit war. Diese Wanderpausen wurden für die Jagd und zum Fischen genutzt. Im Sommer lagen die Wanderungen in höher gelegenen Weiden in Trockengebieten (am Kamm oder in Hängen), im Herbst und Frühjahr eher im Tiefland, in der Nähe von Seen und Tannenwäldern. Diese jährlichen Zyklen wurden von lokalen Wetterlagen und Klima bestimmt. Im Dezember und Juli fanden grosse Clantreffen zur Sonnenwendefeste, suglan genannt, statt.

Traditionelle Lieder und Rundtänze bilden ein eigenes Repertoire und haben bedeutende Funktionen innerhalb des Stammes oder der Familien und an schamanischen Feiertagen. Die Melodien zum Tanz waren Improvisationen und entsprechend dem Tempo und Rhythmus der Kreistanzbewegungen angepasst. Jede regionale Gruppe entwickelte eigene Tänze. Die Ewenken kennen in ihrem traditionellen Folklorerepertoire auch lyrische Lieder, Tanzlieder, epische Lieder, Hymen, schamanische Rituallieder und Instrumentalstücke. Die Lieder werden allgemein „Iken“ genannt (ik = klingen). Instrumente wurden für spontan improvisierte Stücke verwendet und einige Formen, vorab Blasinstrumente, wurden von Jägern zur Anlockung der Tiere genutzt. Instrumente wurden bei der Arbeit oder in der Freizeit gespielt und dienten zeremoniellen Ritualen. Es wurden eine Bogenlaute mit einer Dose als Resonanzkörper (wie die mongolische khuuchir) oder eine zwölfsaitige Kastenzither gespielt. Auch wurde eine Laute mit einer, zwei oder drei Saiten verwendet. Die Maultrommel bestand ursprünglich aus einer Sehne, die als Saite benutzt wurde, deren eines Ende durch die Zähne des Spielers gehalten und das andere über dem Daumen gestreckt und mit einem Finger der freien Hand gezupft werden.

Ihre traditionelle Naturreligion war neben Feueranbetung stark schamanistisch geprägt. Das Ewenkische gilt innerhalb der heutigen Forschung als klassische, typische Form einer alten Naturreligion. Der Begriff "schaman/chaman/saman" stammt ursprünglich aus dem Ewenkischen (mandschu-tungusischen). Die Welt wird als ein Fluss gedacht, dessen Quellen im Himmel liegen und der durch die Welt der Völker fliesst. Schamanen waren Medien, Vermittler zwischen Mensch und einer Geisterwelt. Sie haben ihre Hilfsgeister angerufen und deren Hilfe in Anspruch genommen, um Kranke zu heilen, verlorene Dinge zu finden, die Zukunft vorherzusagen, Schutz für Nachwuchs und Herden zu suchen, Geburten zu erleichtern, für das Jagdglück oder um die Seelen Verstorbener in die Welt der Toten zu begleiten. Ihre Kleidung war mit Anhängern, Bilder und Eisenplaketten behangen, ihr Kopfschmuck ein Rentiergeweih. Sie nutzten auch Trommeln, Rasseln und zogen Assistenten für ihre Sitzungen bei.

- weitere Informationen zum Schamanismus: Religion der Urvölker Sibiriens
- weitere Informationen zum Schamanismus: Schmanisums (Tengerismus) in der Mongolei
Kontakte zu eingewanderten Russen entstanden im frühen 17. Jahrhundert. Intertribale Konflikte zwischen Clans wurden beendet, und es begann eine Massenabwanderung auf der Suche nach neuen Jagdgründen. Die Russen waren vorwiegend Bauern und liessen sich entlang der Flüsse am mittleren Jenissei, Lena, Amur und an der Oberen Tunguska nieder. Damit wurden die Ewenken von diesem guten Weideland zurückgedrängt, weiter nach Norden. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts bildeten die Mandschu (vormals Jurchen) mit ihnen noch am rechten Ufer des Amur grössere Gruppen und waren Rentier- oder Pferdezüchter. Im 18. Jahrhundert wurde ein Teil der in der Transbaikalien-Region Siedelnden von den Burjaten assimiliert. Im 19. Jahrhundert wanderte ein Teil zur Küste zum Ochotskischen Meer und zu den Flüssen Uchur und Amgun, um der Pockenepidemie zu entgehen. Einige wanderten in die Primorje Region (am Meer) und zum Tumnin Fluss und vereinten sich mit den Udeges und den Oroches (Nanai) und zogen später zu den Sachalin Inseln weiter (siehe Karte – Amur).
- Mehr Informationen zu den Burjaten: siehe unter „Die südlichen Völker Sibiriens
1930 entstand der Autonome Kreis, der ein riesiges, äusserst dünn besiedeltes Gebiet im mittelsibirischen Bergland umfasst. Die wichtigsten Flüsse sind die Untere Tunguska und die Steinige Tunguska, beides Nebenflüsse des Jenissej. Die Oberfläche des Kreises ist gebirgig. Die Ewenken sind vorwiegend Rentierzüchter-Nomaden, und ihre Religion ist eine Form des Schamanismus mit einem synkretischen Weltbild (Vermischung religiöser Ideen mit Philosophien).
Die
Ewenken, auch Ewenki genannt oder unter der Bezeichnung Tungusen bekannt, sind ein aus zahlreichen regionalen Gruppen und Clans entstandenes "kleines Volk". Sie leben innerhalb des sibirischen Raumes über ein weites Gebiet zerstreut, das grösser ist als Europa. Auch in anderen Regionen leben vereinzelt kleinere Stämme, wie im Autonomen Kreis der Tschuktschen, Korjaken und auf den Inseln Sachalin. Die Stämme der Udege siedeln am Amur und Ussuri (siehe Karte – Amur). Nahestehende Gruppen sind auch die Nanai am niederen Armur und die Ewenen (Lamuten). Auch in der Mongolei, an der Jenissejquelle, leben Verwandte, die Tsataan (Dukha) und in der Volksrepublik China, vorab Stämme der Rentierzüchter, bis heute noch nomadisierenden Viehzüchter, die Solonen und Oroqen. Diese Volksgruppen entstanden aus einer Vermischung mit mandschurischen, mongolischen und turkischen Stämmen und zählen vermutlich zum ältesten Volk, das Sibirien schon sehr früh besiedelte. Ihren Ursprung findet man in Gebieten des mittleren Jenissej bis zum Baikalsee und in der Armurregion, wo heute vorwiegend Burjaten siedeln. Ihre Sprache gehört zur mandschu-tungusischen Sprachfamilie. Der Begriff ist eine zusammenfassende Bezeichnung für Völker oder Gruppen, bei deren Vorfahren die mandschu-tungusische Sprache im Gebrauch war. Obwohl die Sprache dem Chinesischen näher steht, sind sie kulturell eher mit den Mongolen und Türken verwandt.

Die tungusische Sprachen (auch: mandschu-tungusisch) lassen sich zu einer Sprachfamilie von 12 relativ eng verwandten Sprachen zusammenfassen, die in Nordchina, im ostsibirischen Raum Russlands und Teilen der Mongolei gesprochen werden. Die Sprachen werden oft in einen genetischen Zusammenhang mit den mongolischen und turkischen Sprachen gebracht und in der altaiischen Sprachfamilie zusammengefasst. Übereinstimmungen – im geringeren Umfang auch mit dem Koreanischen, Japanischen und mit einigen paläosibirischen Sprachen – sind auch durch eine gegenseitige Beeinflussung (Sprachkontakte) und durch fundierende Kulturwörter zu erklären. Die Frage der möglichen Verwandtschaft ist weiterhin umstritten, nicht aber ihre genetische Einheit, und sie können demzufolge in die drei Gruppen zugeteilt werden:

  • Nord-Tungusisch (eigentliches Tungusisch):
    Ewenken (Tungusen), Ewenen (Lamuten), Rentier-Ewenken (Solonen, Oroken), Orotschen, Negidalen
  • Südost-Tungusisch (Amur-Sprachen):
    Nanaier (Golden, Fischhaut-Tataren), Hezhen, Ultschen, Oroqen, Udege
  • Südwest-Tungusisch (Mandschu-Sprachen):
    Mandschu, Xibe, Jurchen (Dschurdschen)
Tungusische Sprachen und Kulturen haben einen echten Sinn, als die Menschen durch das Sammeln von Informationen über Geschichte, Sprache und Kultur diese aufzeichnen: solche, die in mündlichen Überlieferungen enthalten sind, mit ihren Clan-Namen, ihren Liedern, ihren Artefakte, und so weiter. Die Ewenkendialekte der Solon, Negidal und Oroqen werden (zusammen mit einem fünften "Nord Ewenken Dialekt") und jenem der Nanai, Orok, Ulcha und Kile zu Dialekten einer Sprache gezählt. Tungusische Sprachen sind wahrscheinlich näher an der Waage zur portugiesischen Linie als zum Mandarin-Kantonesischen.
  • Arman ist in der Regel ein Dialekt der Ewenen (Lamuten).
  • Oroqisch wird in der Regel als ein Dialekt der Ewenken von nicht-chinesischen Linguisten betrachtet.
  • Kile könnte in der Regel ein Dialekt der Nanai sein.
  • Sibe gilt als ein Dialekt der Mandchu (Jurchen) - für einige nicht-chinesischen Linguisten.
- mehr Informationen zum Proto-Uralischen - siehe unter: Sprachentwicklung im Sibirischen Raum
Die mandschurische Sprache war eine der Amtssprachen der tungusisch-mandschurischen Qing-Dynastie (1644–1911). Mit der am weitesten verbreiteten Schrift- und Literatursprache im 17. Jahrhundert – basierend auf mongolischen Vorbildern – wurde eine Schrift geschaffen, in der es auch eine nennenswerte Literatur gibt. Bereits die Sprache der Vorläufer der Mandschus, die Jurchen, haben eine eigene Schrift basierend auf der Schrift der protomongolischen Kitan in der nordchinesischen Jin-Dynastie (1114-1234) verwendet. Deren Territorium wurde dann wie dasjenige der späteren Song-Dynastie von den Mongolen erobert. In dieser Sprache wurden auch Reste von Manuskripten und Inschriften gefunden und einzelne Wörter in chinesischen Chroniken aus der damaligen Zeit überliefert.

Das
Xibenische, das sich aus dem Mandschurischen entwickelt hat, ist heute in Xinjiang im Ili-Gebiet verbreitet. Die Xibe (Sibe) verwenden noch heute ihre eigene Schrift, eine geringfügige Abwandlung der mandschurischen Schrift.

Tungusische Reitervölker wurden teilweise auch Tataren genannt und haben nichts mit den Tataren Russlands und dem gleichnamigen mongolischen Stamm zu tun; sie blieben das ganze Mittelalter hindurch ein politischer Faktor in der Mandschurei.
Für die Ewenken in Russlands gibt es seit Ende der 20er Jahren eine Standard-Schriftsprache; diese basiert auf der kyrillischen Schrift. Doch viele sprechen inzwischen Russisch, Jakutisch oder Burjatisch. Die im hohen Norden Siedelnden betreiben heute noch nomadische Rentierzucht, Jagd und Fischfang und leben in Zelten. Doch wurden viele im Rahmen der Kolonialisierung und Gründung von Staatsgütern (Sowchosen) sesshaft, wobei traditionelle Beschäftigungen weiterhin gepflegt werden. Andere Gruppen wie die Pferde-Ewenken (vermutlich vermischt mit den zugewanderten Jakuten aus dem Altai) oder die Solonen in Chinas betreiben heute überwiegend Viehzucht und teilweise auch Ackerbau. Arbeitslosigkeit und soziale Probleme wie Alkohol prägen heute den Alltag innerhalb der Russischen Föderation. Einige haben ein Auskommen in der sibirischen Öl- und Minenindustrie gefunden.
- siehe auch Informationen unter: Mandschu, Jurchen und Tungusen (Ewenken, Ewenen), wie auch unter Jakuten
Die paläosibirische Gruppe, zu denen auch die Tschuktschen gehören, wurde auch aus dem Süden nach Norden abgedrängt und lebt heute auf der Halbinsel Tschukotka: die Tundra-Tschuktschen mit Rentierherden und die Küsten-Tschuktschen, die sich auf die Jagd von Walen und Seehunden spezialisiert haben.
Wann sich ersten Menschen niederliessen, ist nicht bekannt, doch wird aufgrund archäologischer Funde angenommen, dass die ersten Bewohner einer bestehenden Beringbrücke diese Gegend und auch Alaska besiedelten. Sie sind, nicht nur hinsichtlich der geographischen Beschaffenheit sondern auch hinsichtlich der Lebensformen dieser Menschen, miteinander verwandt. Dies wird durch eine Reihe von Gemeinsamkeiten von Eingeborenen in Alaska und einiger der Tschukotka bestätigt. Die Besiedlung erfolgte unter rauen Klimabedingungen. Zu dieser Zeit war die letzte sogenannte "Sartan Eiszeit" (1).
Ein Leben spielte sich vorwiegend in der Tundrazone vor den Gletschern und in den Tälern zwischen den Gletschern ab. Hier grasten damals Mammutherden, wollige Nashörner und Auerochsen, deren Überreste heute noch gefunden werden. Die Hauptbeschäftigung der Stämme bestand aus Jagd, Fischfang und Sammeln. Allmählich begann ein Teil der Völker (besonders die zugewanderten kontinentalen
Tschuktschen) als Hirten Rentierzucht zu betreiben, andere (Eskimos und Küstentschuktschen) lebten vom Meer.
  • (1) Die Sartan-Eiszeit 12.000 (13.000) bis 23.000 (25.000) Jahre vor heute war der letzte Teil des Pleistozäns. In allen vereisten Gebieten ist es damals dann immer kälter geworden. Das war der kälteste Teil der Eiszeit (Sartan, spätes Valdai, spätes Wisconsin). Zahlreiche Radiokarbondaten aus verschiedene Gebieten Sibiriens und aus der ganzen Nordhemisphäre zeigen an, dass es vor 22.000-23.000 Jahr sehr kalt wurde.
Tschukotka – liegt im äussersten nordöstlichen Teil. Eine angebrochene, keilförmige, zwischen dem Stillen Ozean und dem Nördlichen Eismeer herausragende Halbinsel. Die enge Beringstrasse trennt sie von Alaska. Vor rund 30.000 Jahren waren sie ein Ganzes, doch haben Naturkräfte sie getrennt. Zu den eingeborenen Völkern zählen die Tschuktschen, die Eskimo, die Ewenen, die Tschuwaschen, die Jukagiren, die Korjaken und die Kereken. Alle diese haben eine unterschiedliche Herkunft und gehören verschiedenen Sprachgruppen an. Den grössten Teil nehmen Bergketten, Hochländer und Hochebenen ein. Die Niederungen bestehen aus sumpfiger (Wald-)Tundra. Der südliche und westliche Teil des Kreises wird durch den bekannten Fluss Kolyma begrenzt. Der grösste Fluss Anadyr besitzt eine Vielzahl von Seen. Als bedeutendes Naturdenkmal gilt der mehr als 160 Meter tiefe See Elgygytgyn. Er soll sich aufgrund eines Meteoriteneinschlages gebildet haben. Es gibt auch einige erloschene Vulkane. Der Winter dauert acht Monate. Das Klima ist rau: an der Küste herrscht Meeresklima mit starken Winden, die oft in Schneestürme übergehen, im Festlandteil hingegen scharf kontinentales Klima. Im Winter erreicht die Lufttemperatur -60 Grad Celsius, die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 12 Grad. Der Nordteil des Gebietes befindet sich jenseits des Polarkreises, fast überall trifft man auf Dauerfrostboden. Das Wachstum ist dürftig: in der Tundra findet man Moose, Flechten, Riedgras, Gesträuche und Zwergbäume, in den Flusstälern und in den südlichen Teilen wachsen Laubbäume, Birken und Pappeln.
Die Tierwelt passte sich der rauen Natur an. Es leben überwiegend Nordrentiere, Elch (Elen), Schneeberghammel, Eis- und Braunbären, Polarwölfe, Vielfrasse, Füchse, Zobel, Adler, Polarhühner, Auerhähne und im Sommer gastieren Kraniche, Gänse und Enten. In den Meeren tummeln sich Walrosse, Seehunde, Robben, Walfische und im Süsswasserbereich Äschen, der sibirische Lachs, der Omul und andere lachs-, schnäpel- und karpfenartige Fische. In der Tschukotka finden sich auch einige Naturschutzparks.


Die Rentierzüchter leben in einem vieleckigen, geräumigen Zelt, Tschum genannt, das mit Rentierfellen überdeckt und leicht transportierbar ist. In der Mitte brennt ein Feuer zum Kochen. Der Rauch hilft auch, die vielen Mücken zu vertreiben und entweicht durch eine Öffnung im Dach. Auf dem Boden liegen mehreren Schichten Rentierfelle, die auch als Sitzgelegenheiten dienen. Vor dem Zelt stehen Schlitten, Narty genannt, die mit Werkzeug beladen sind. Neben einem Hauptzelt befinden sich mehrere Zelte zum Schlafen. Die Frauen tragen die Hauptlast der Hausarbeit. Ihre Aufgabe ist es, Essen zuzubereiten und darüber hinaus die Kleider zu nähen, die Zelte aufzustellen, Holz zu holen und den Männern auf der Weide beizustehen. Ab September wird ein Overall aus Fell getragen. Im Winter zwei von ihnen übereinander, der Untere mit dem Fell nach innen und der Obere mit dem Fell nach aussen. Die Rentierzucht, der Fischfang und die Jagd bilden ihre Lebensgrundlagen. Das Halten von grossen Herden sicherte für sie Nahrung, Kleidung und Schuhwerk. Das Rentier war Zentrum ihrer materiellen und geistigen Kultur. Sie leben als Nomaden und ziehen auf der Suche nach neuen Weideplätzen von Ort zu Ort. Alle 8 bis 19 Tage ziehen sie weiter und verladen alles auf ihre Schlitten. Routen des vergangenen Jahres werden gemieden, um eine Überweidung zu verhindern und um ihre Rentiere fett zu machen. An jedem Standplatz werden zwei Tiere geschlachtet und der Fleischvorrat in einer 30 cm tiefen Permafrostgrube gelagert. Sie unterbrechen Wanderungen, wenn es die Jahreszeit, die Qualität der Weide oder andere Umstände erfordern. Im Laufe des Jahres trennen sich die Herden mehrmals und vereinigen sich anschliessend wieder. Jede Gruppe bewegt sich auf einer eigenen Marschroute. Ein von Generation zu Generation überliefertes Wissen über Weidezustände und Zuchtwahl hält die Herden in gutem Zustand. Rentiere sind eigentlich halbwilde, furchtsame und sehr schnelle Tiere. Die Weidung gestaltete sich deshalb für die Hirten oft beschwerlich. Viele Kilometer müssen zurückgelegt werden, kleine Vulkane, Sümpfe, Bäche oder Schneeverwehungen sind zu überwinden. Die vielen Stechmücken wirken belastend und Pilze bildeten eine Gefahr. Oder plötzlich auftauchende wilde Rentiere, sie sind grösser und stärker, und die Herden stürmen mit diesen davon. Man kann sie kaum aufhalten. In früheren Zeiten hätte man sich niemals wilden Tieren entgegengestellt, es galt ein grosser Respekt diesen gegenüber. Man versuchte sie zu überzeugen, sich von den Herden zu entfernen. Im äussersten Fall warfen sie die Schlinge auf sie, kitzelten sie – und das half! Damals war es auch nicht erlaubt, für die Weidung Hunde zu benutzen. Die Hirten waren dann für einige Zeit ohne Herde. Abhilfe schafften lange Erfahrungen mit Herden und gute Kenntnis über die Gewohnheiten der Tiere. Späher wurden losgeschickt, und man versuchte, die Herde zu orten. Ein gutes Sehvermögen und scharfes Gehör war hierzu unentbehrlich. Auch lauerten unterwegs zahlreiche Raubtiere (Bären, Wölfe und Vielfrasse).
Im Herbst vereinigt sich die geteilte Gruppe wieder und man zieht auf die herbstlich-winterlichen Routen weiter, wo dann im August-September das grosse Rentier Zusammentreiben stattfindet. Nun folgt das Jahresschlachten, bei dem die Herde um ein Drittel reduziert wird, um der geringeren Kapazität der Winterweide gerecht zu werden. Das Fleisch, das früher von der Sowchose übernommen wurde, muss heute selber vermarktet werden, was aber aufgrund der hohen Transportkosten (z.T. mit Hubschraubern) und der niedrigen Ankaufpreise wenig lukrativ ist. Dennoch hat sich diese Lebensweise nahezu unverändert bis heute erhalten, v.a. im äussersten Nordosten. Zu Zarenzeiten mussten die Nordvölker eine Pelzsteuer, den sogenannten Jassak, entrichten, wegen dem sie viel Zeit und Energie für die eigene Lebensbewältigung unter den ohnehin schon widrigen Bedingungen verloren. Die Folge waren Armut und schlechte Lebensverhältnisse. Die Lebenserwartung lag bei Männern zwischen 35 und 40 Jahren. Die Eingeborenen haben sich im Laufe vieler Jahrhunderte der narkotischen Wirkung von Pilzen angepasst und eine eigenartige Kultur im Gebrauch dieses Naturproduktes entwickelt, doch eine Alkoholisierung hat diese wieder zerstört. Anekdoten erzählen heute von "naiven, beschränkten Menschen". So haben sich die Tschuktschen in der Vorstellung der Eroberer von einem freiheitsliebenden Stamm allmählich in eine Horde unsauberer, unzüchtiger und trunksüchtiger Unmenschen verwandelt. Das Wort „Tschuktschen“ bekam die Bedeutung „Stumpfsinn“. Auffallend sind auch heute noch die vielen Krankheiten und eine hohe Selbstmordrate. Trotz allem sind in den Seelen der noch in der Tschukotka lebenden Eingeborenen kleine Inseln ethnischer Erinnerung übrig geblieben, die sich in der Weltanschauung von Gebräuchen, Traditionen oder in künstlerischen Werken offenbaren. Muster und Details von traditioneller Kleidung, das mit Perlen verzierten Schuhwerk sind, wurden für den alltäglichen Gebrauch zusammengenäht. Denn diese Menschen stützen sich bei ihrer schöpferischen Tätigkeit nicht auf handwerkliche Kenntnisse, sondern auf ein vererbtes Gefühl für das Schöne und Wichtige ihrer Heimat.
Früher haben sich im Sommer die Frauen, alten Menschen und die Kleinkinder von den mit der Herde umherziehenden Hirtengruppen getrennt und sich an einem malerischen Ort ein Sommerlager aufgebaut. In der Regel suchte man einen Standplatz in der Nähe eines fischreichen Flusses mit Gesträuchen oder nahen Wald, damit Holz für das Lagerfeuer in der nahen Umgebung vorhanden war. Frauen und Kinder bearbeiteten Felle, nähten Kleider, besorgten Vorräte von Wurzelgemüse, dörrten Fische, die alten Männer fertigten Rentierschlitten und Geschirr. Auf diese Weise bereitete man sich auf den Winter vor. Im Frühling beim Kalben und davor begegnen sich Züchter verschiedener Gruppen, helfen einander bei der Absonderung von Muttertieren. Man veranstaltete Fest zur Freude über die Geburt der ersten Kälber. Das war eine freudige und unbeschwerte Zeit im Jahr. Es werden Jagden auf wilde Rentiere veranstaltet, Wettrennen mit Reiten und Schlitten und Ringkämpfe organisiert.
Nicht weniger eigenartig war auch das Leben der Küstenstämme entlang der gesamten Küste der Beringsee und dem östlichen Teil der Küste des Tschukotskischen Meeres. Jagd auf Walfische, Walrosse, Seehunde und Robben wurde gemacht. Früher hatte man die Harpune aus Walrossstosszähnen hergestellt. Harpunen mit drehbaren Enden galten damals schon als ein von Meisterhand gefertigtes Werkzeug für die Jagd.
Gejagt wurde zu verschiedenen Jahreszeiten – im Sommer mit Hilfe des Paddelbootes, im Winter auf dem Eis. Erzeugnisse aus der Jagd bildeten Grundlagen für Nahrung und Kleidung der Küstenbewohner. Man feiert viele Feste, eines der bedeutendsten war das Walfischfest.
Ihre religiösen Vorstellungen sind der Animismus, dass der Schöpfer den Menschen neben vielen anderen lebendigen Wesen erschaffen hat. Die in Würde verstorbenen Menschen (im Kampfe, während der Jagd etc.) gingen in die himmlische Sphäre ein, die in Unwürde Verstorbenen (durch eine Krankheit etc.) kamen zur unterirdischen Sphäre. Deshalb bevölkert eine Menge von Geistern ihre Welt, die den Menschen helfen oder ihnen schaden können. In der verwickelten und unbekannten Welt, wo sich in jedem Zeltpflock und unter jedem Erdhaufen ein unsichtbarer "Hausherr" verstecken kann, musste man ständig vorsichtig sein, um zu überleben. Im Alltag mussten die Menschen mit ihrer Erfahrung und der Kenntnis der Überlebensregeln leben lernen. "Gebete" und persönliche Amulette helfen und schützen ihr Leben. Dennoch ereigneten sich gelegentlich aussergewöhnliche Fälle, z.B. ein böser starker Geist entführte die Seele und in diesem Fall war die Hilfe eines Heilers notwendig, der die Gabe besass, sich in die Welt der Geister zu versenken und dort Handlungen zur Rettung der entführten Seelen auszuführen. Ein solcher Mensch war der Schamane.
- weitere Informationen zum Schamanismus: Religion der Urvölker Sibiriens
- weitere Informationen zum Schamanismus: Schmanisums (Tengerismus) in der Mongolei
© Albi – März 2014 – lektoriert von Hermelinde Steiner - November 2014
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