Face Music - Khakassia and the Khakas people




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P & C December 1998
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- last update 03-2016


Text in German
Chakassien und die Chakassen


Die Republik Chakassien befindet sich im südlichen Teil des östlichen Sibiriens mit einer Fläche von 633 km2. Sie grenzt an die Region von Kemerowo im Nordwesten, der Republik Altai und der Republik Tuwa im Süden und Süd-Westen an. Dazu gehören die Täler des Abakan und das am oberen Jenissei Fluss gelegene Minusinsker Becken und ein Teil des Tschulym-Jenissei Tales. Die Kusnetsker Alatau Berge dienen als westliche Grenze zu Kemerowo. Die südliche Grenze mit der Republik Altai und Tuwa erstreckt sich entlang der westlichen Sayan-Altai Gebirgskette. Das Dzhebashsky Gebirge und der Jenissei bilden die Ostgrenze. Die einzige Grenze ohne eine deutlich definierte, natürliche Grenze ist die nördliche Grenze mit der Region Krasnojarsk und deren Wälder, die ein weites offenes Gebiet des Tschulym-Jenissei Tales durchqueren. Die Landschaft ist geprägt von einem Kontinentalklima mit kalten Wintern und heissen Sommern. Es gibt 230 grosse und kleinere Flüsse und fast 300 Berg- und Steppenseen mit Kochsalzlösung und Süsswasser. Der See Shira mit seinem Heilwasser ist einer davon. Die Region besitzt grosse Mineralvorkommen, eine bedeutende Holzindustrie, Anbau von Weizen, Viehzucht und andere landwirtschaftliche Produkte.

Ursprung des Landesnamens:
- Der Name "Chakassien" verweist auf das hier lebende Volk, die Chakassen. Sie stammen von Tataren ab, die sich selbst als „Tadars“ oder später „Chaas“ bezeichneten, was mit „Menschen“ zu übersetzen ist. Die Chakassen bildeten sich ursprünglich aus den Stämmen der Keten und Nenzen, die von einer turksprachigen Obrigkeit beherrscht wurden. Nach der Mongoleninvasion im 13. Jahrhundert haben sie mongolische Elemente aufgenommen. Eigentlich erst im 19. Jahrhundert kamen türkische Elemente hinzu.
Die abgewanderten Kirgisen haben ihnen eine reiche Kultur hinterlassen, eine alte Runenschrift (Jenissei) und auch die Orchon-Inschriften aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. Beschrieben wird darin anschaulich der blutige Krieg mit den Göktürken, in dem der angesehene Kirgisen-Herrscher Bars Beg während des Kampfes (711/12) fiel. Felszeichnungen, Gräber, Ritualplätze und Hirschsteine erzählen von vergangenen Tagen und Völkern, die alle hier seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. gesiedelt haben.

- mehr Informationen zu den Felszeichnungen und des frühen Schamanismus

Die Kirgisen - 3. Jahrhundert v. Chr. bis 19. Jahrhundert n. Chr.
– siehe mehr unter „Geschichte der Reiternomaden

Geschichte in kurzen Zügen:
- Vom 6. bis 13 Jahrhundert siedelten Keten (Chanten) und Nenzen (Samojeden), die zu den Stämmen der Ural-Gruppe gehören und eine finno-ugrische Sprache sprechen. Sie bildeten Stammesverbände und waren lange Zeit Vasallen unter verschiedenen turkstämmigen Konföderationen (Dschungaren, Oirat-Allianz), unter anderem auch unter den Kirgisen und einer Mandschu-chinesischen Quing Dynastie.
- 1207 – erste mongolische Eroberung.
- 16. Jahrhundert – Bildung der Regionen der vier chakassischen Stammesfürsten.
- 17. Jahrhundert – Eintreffen erster russischer Siedler.
- 1721 – russische Besitzergreifung.
  • Die Nenzen stammen aus dem Altai-Sajan-Gebirgsraum und vermischten sich, nachdem sie am Ob abwärts gewandert waren, mit den dortigen Fischern und Jägern. Sie leben noch als Jäger entlang der arktischen Küste östlich und westlich des Urals. Eine grosse Bedrohung erleben die Nenzen durch die Ausbeutung der grossen Erdöl- und Erdgasförderung, die eine grossflächige Zerstörung der Rentierweiden vorantreibt. Sie gehören zu den Samojeden, einer finno-ugrischen Sprachgruppe.
  • Die Keten – ket („Mensch“) oder deng („Leute“, „Volk“); Jenissei-Ostjaken. Nomadenvolk in Sibirien, verwandt mit den Chanten, siedelten zwischen Ob, oberem Irtysch und Jenissei; betrieben Jagd, Fischfang und Rentierzucht. Ihre Sprache gehört zur finno-ugrischen Sprachgruppe.

- mehr Informationen zu den: Ornamenten der Turk-Mongolischen Stämme (Teppiche, Kleider, Keramik, Handtaschen, Werkzeuge etc.)
- mehr Informationen zu den: Ornamenten der Jakuten
- Karte „Indigenous People of Siberia

  • Uralic group – Ugric people: Khants (Khantys), Mansis, Samoyedes (Nenets, Enets, Nganasans) and Yukaghirs
  • Altaic group – Turkic: Yakuts (Sakha), Tuvinians, Khakas, Altaians (Oirates, Teleutes, Telengites), Uyghurs, Mongolic and Tungusic people (Evenks - Evens)
  • Paleosiberian group: Ainu, Koryaks, Itelmens (Kamchatkan), Chukchee (Tshuktshen)

– mehr Informationen zu den indigenen Völker Sibiriens.

Relativ günstige klimatische Bedingungen im Minusinsker Becken, unter Schutz umliegender hoher Berge, haben Menschen schon früh angezogen, seit der Altsteinzeit wird diese Region besiedelt. Während der letzten tausend Jahre hatte hier kontinuierlich eine Reihe von Populationen gelebt, deren Kulturen - wie archäologische Funde ergaben – hier gewirkt haben, beginnend mit dem späten Neolithikum – mit einer noch immer umstrittenen Tazmin Kultur (etwa 2000 bis 2500 v. Chr.). Danach folgten weitere archäologische Epochen: Afanasewo, Okunewo, Andronowo und Karasuk Kultur. Halbnomaden betrieben Ackerbau und Viehzucht mit Alpwirtschaft. Sie wurden zunehmend von eingewanderten, starken Steppennomaden beherrscht. Wie eine Entwicklung in der späten Bronzezeit mit der Tagar Kultur (700 bis 200 v. Chr.) zu erkennen gab, waren sie verbunden und unter dem Einfluss einer skythischen Epoche mit Tierstil, die über ganz Zentral- und Eurasien Geschichte machte. Aufgrund paläoanthropologischer Daten scheint diese Tagar Kultur mit lokalen Urbewohnern durch Zuwanderungen mit überwiegend Europoiden sich vermischt zu haben. Darauf folgte die Tashtyk Kultur (Hunnenstamm – 200 v. Chr. bis 200 n. Chr.). Diese entspricht einem stark geprägten hunnischen Zeitraum mit dem Eindringen einer neuen mongoloiden Bevölkerung mit turksprachigen Stämmen in das Minusinsk Becken. Dies kann als Beginn einer Bildung der modernen chakassischen Bevölkerung betrachtet werden, obwohl es offensichtlich ist, dass alle früheren Perioden ihre genetischen und kulturellen Spuren hier hinterlassen haben. Wechselnde Stammes-Zusammenschlüsse zwischen dem sechsten bis 17. Jahrhundert brachten Unruhe in die Region und kamen während der mongolischen Expansion unter Dschingis Khan im 13. Jahrhundert in dessen Reich.

- mehr Informationen zum Tierstil und Motive des frühen Schamanismus

Sie erreichten ihre grösste Ausdehnung nach dem Sieg mit den Kirgisen über das Uigur Kaghanat 840 n.Chr., als sie weite Teile bis zum Tian Shan eroberten und ihre Herrschaft über dieses Gebiet für 200 Jahre behielten. Die kirgisische Vorherrschaft der Sajan-Altai Region schrumpfte als Folge der steigenden mongolischen Expansion. Mit dem Aufstieg des mongolischen Reiches im 13. Jahrhundert wurde der kirgisische Süden, nach Gründung der Yekhe Mongol Ulus (mongolisches Reiche) unter Dschingis Khans ältestem Sohn Jochi, ohne Widerstand besetzt. Sie blieben mongolische Vasallen bis zum späten 14. Jahrhundert. Verschiedene Turkvölker regierten bis 1685, als sie unter Kontrolle der Kalmücken (Oiraten-Allianz, Dschungaren) kamen. In verschiedenen Wellen emigrierten die Kirgisen. Letztendlich hat die russische Eroberung zur erneuten Flucht beigetragen und damit den Grundstein für die Gründung des modernen Kirgistan am Fusse des Tian Shan gelegt. Eine Mehrheit der modernen Forscher kam zu dem Schluss, dass die Vorfahren der südlichen kirgisischen Stämme ihren Ursprung in den alten Stammesgemeinschaften der Sacha (Jakuten), Saken (Skyten) und Usun, der Dingling und Hunnen (Tashtyk) haben könnten.

- weitere Informationen siehe unter den Völker des Sajan-Altai Region – Altaier - ein turksprachiges, ethnisch gemischtes Volk

  • Die Usun-Nomaden lebten während der Saken-Zeit. Eine dichte Interaktion zwischen den Saken und den Usun im Süden Kasachstans und mit den Menschen in der Xinjiang-Region und dem Tian Shan ist deutlich. Die Gräber der Usun-Elite im Tian-Shan-Gebirge und die vielen im Xinjiang in China liegenden sind denen der Saken ähnlich.
  • Tuwa – Tannu-Tuwa war ein von 1921 bis 1944 eigenständiger Staat in Zentralasien zwischen der Mongolei und Russland. Die Geschichte von Tannu-Tuwa (oder Tuwa, wie es heute heisst) ist sehr abwechslungsreich: 1207 wurde das Gebiet von Dschinghis Khan erobert und anschliessend von der Yuan-Dynastie beherrscht. Danach herrschten unter anderem Mongolen und Kirgisen über Tuwa, ehe es 1757 an das Mandschu-chinesische Kaiserreich fiel. 1911 kam es infolge der chinesischen Revolution zur Abspaltung der Äusseren Mongolei, wozu auch Tuwa zählte. 1914 erweiterte das russische Zarenreich seinen Machtbereich, in dem es Tuwa als Protektorat eingliederte.
  • Sacha – Die Einwanderung der Jakuten ins Tal der Lena stellte eine der letzten Migrationen von Turkstämmen aus Zentralasien dar. Im Gegensatz zu allen anderen Turkvölkern folgten die Jakuten nicht den südlichen oder westlichen Routen, sondern wanderten nach Nordosten. Ihre Wanderbewegung setzte im 12. Jahrhundert ein, aus der südlichen Region des Baikalsees Richtung Norden, zu einer Zeit, als gerade die Mongolenclans ihren Machtbereich über den Altai hinaus ausdehnten (1). Ihre ursprünglichen Siedlungen werden am oberen Jenissei vermutet, da ihr Kunsthandwerk viele Parallelen zu diesen Stämmen aufweist.
    (1) Vorfahren der Jakuten sehen die russischen Forscher in den westlich und südlich des Baikal ansässigen Quryqan (Ruan Ruan – Juan Juan), die die chinesichen Quellen als „Ku-li-kann“ bezeichnen, einem türkischen Volk, das vom 6. bis 9. Jahrhundert n. Chr. nördlich des Osttürkischen Reiches lebte und dessen Name auch in den Orchon-Runen des 8. Jahrhunderts n. Chr. vorkommt. Nach deren Ansicht wurde mit der Ausdehnung des Machtbereiches der Kitan (2) Anfang des 9. Jahrhunderts n. Chr. der grösste Teil der Quryqan nach Norden verdrängt. Diese plötzliche Abwanderung lässt sich durch die Grabbeigaben belegen.
    (2) Kitan oder Khitan: ein protomongolisches Volk aus der Mandschurei, das schon im 6. Jahrhundert n. Chr. existierte.
  • Dingling: Sie lebten ursprünglich am Oberlauf des Flusses Lena, westlich des Baikalsees. Im dritten Jahrhundert vor Christus begannen sie, sich nach Westen hin auszudehnen. Sie waren Teil des Reichs der Hsiung-nu (Xiongnu).

- mehr Informationen zu den: Ornamenten der Turk-Mongolischen Stämme (Teppiche, Kleider, Keramik, Handtaschen, Werkzeuge etc.)
- mehr Informationen zu den: Ornamenten der Jakuten

  • Tagar Kultur vom 9. bis zum 6. Jhd. v. Chr.
  • Pazyryk Kultur vom 9. bis zum 2. Jhd. v. Chr.
  • Hunno-Sarmatische Periode (Tashtyk): vom 1. v. Chr. bis zum 2. Jhd. n. Chr.
  • Skythen (Saken – Sauromaten – Massageten): vom 8. bis zum 3. Jhd. v. Chr.
  • Sauromaten: vom 9. v. Chr. bis zum 4. Jhd. n. Chr.

Neben turkstämmigen Völkern haben in der Region bis vor kurzem auch Gruppen, die einer anderen sprachlichen Zugehörigkeit angehörten, gelebt. In der Tat scheint, dass die türkische Sprache in der östlichen Hälfte des Minusinsk Becken nie dauerhaft präsent war. Siedler verwendeten im südlichen oberen Jenissei-Raum die Sprache der Uralic-Gruppe, die Keten gehörten zur Jenissei Familie und sind mit den Chanten verwandt. Die Nenzen am Ob gehören zur Uigur-Oghus Familie und zur samojedischen Bevölkerung. Sie waren kleine finno-ugrisch sprechende Gemeinschaften. Diese indigenen ethnolinguistischen Gruppen verschwanden durch die Assimilation der Jenissei Kirgisen (Chakassen) durch die Russen. Ihr Einfluss ist erkennbar, aber noch in Familiennamen und Ortsnamen enthalten.

Die
Jenissei Kirgisen – Xiajiasi (wie in chinesischen Chroniken beschrieben oder die Xiajia, die mit "gelbem Kopf und rotem Gesicht", wie die Uiguren sie nannten). Ein altes Volk, das am Oberlauf des Jenissei und in den Tälern der Nebenflüsse des Abakan und im Minusinsker Becken zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und 9. Jahrhundert n. Chr. siedelte. Sie wurden im 6. Jahrhundert von Stämmen der Göktürken, Xueyantuo und den Uiguren während der Han-Zeit unterjocht. Die Völker werden als türkisch identifiziert und können wie die Dingling, Ruan Ruan und die Schoren, aus denen auch die Uiguren entstanden, zugeordnet werden. Diese Jiankun oder Gekun (später Kirgisen genannt), wie die Xinli und möglicherweise auch die Hujie oder Wujie, waren Stämme, die im Norden und Westen angrenzend zu den Hsiung-nu Stämmen siedelten, wobei sich die Kirgisen in der Anfangszeit der Tang Dynastie zu einem eigenständigen Grossreich etablierten.

  • Hsiung-nu - Xiongnu: 3. Jhd. v. Chr. bis 4. Jhd. n. Chr.
  • Rouran (Ruan Ruan – Juan Juan – Quryqan)
  • Kirgisen: 3. Jahrhundert v. Chr. bis 19. Jahrhundert n. Chr.

Vergleichbare vorgeschichtliche Funde, die um den Baikalsee zutage kamen, können wahrscheinlich den Vorfahren der Jakuten zugeschrieben werden, den Rouran (Quryqan), die zeitgleich mit den Hsiung-nu im Altai siedelten. Diese waren Meister in der Verarbeitung von Waffen.

- mehr Informationen zu den Kirgisen und Hsiung-nu siehe: „Geschichte der Reiternomaden


Die Stämme der Chaas leben im zentralen Teil des heutigen Chakassien, die Chyzyl im Nordwesten, die Saghai und Piltîr im Südwesten, und die Khoibal im Südosten: ihre Sprache wurde in mehrere verwandte Dialekte zugeteilt und ihre Bezeichnungen stammen aus verschiedenen regionalen Clans. Sie bezeichneten sich selbst als Tadar (d.h. Tatar) oder Schor und später "Chaas" (Chakassen). Im Südwesten und der Kemerowo Region siedlen die Schors, deren Ursprung aus dem Schoria entstand, einem Dialekt, der heute noch in der Kemerowo Region gesprochen wird. In einem historischen, sprachlichen und teilweise kulturellen Sinne sind bei den Chakassen auch drei ethnische Gruppen enthalten - die Schors (im Norden), die Tschulym-Türken und die Mandschurischen Kirgisen.

Eine Legende beschreibt, dass dunkelhaarige Menschen unter Nachfahren der Kirgisen lebten, wie bei den Hsiung-nu aufgezeichnet gefunden wurde. Diese Beschreibung der Kirgisen als grossgewachsen, blauäugig und blond verführte hierzu, dass man deren ursprüngliche Sprache als germanische, slawische Sprache einer ostjakischen Volksgruppe zu deuten glaubte oder eine samojedische Herkunft vermutet wurde. Nachweise über die Sprache der Kirgisen machen in Tang Quellen deutlich, dass sie damals im türkischen Sprachraum lagen und daher keine Beweise ihrer früheren Sprache vorliegen.

Die Turkvölker in Chakassien und der Altai-Region waren Jäger und Nomadenhirten, die ihre Schafe, Pferde und manchmal Kamele hüteten. Sie hinterliessen ihren Nachfahren eine äusserst interessante Kultur, deren grundlegenden Merkmale von frühesten Zeiten an bis zum heutigen Tag überliefert wurden. Eine der wichtigsten Kunstformen der Chakassen und Altaier ist das Erzählen von Geschichten (Epen) in einer Falsettostimme zur Begleitung der zweisaitigen Laute khomys (topshur). In Chakassien wurden diese Epen mehrheitlich mit der chatkhan (jadaghan – Boxzither) oder aber seltener mit yykh (ikili) begleitet. Die Texte werden gewöhnlich in einem tiefen Bordunton Bass gesungen, wie er gewöhnlich von Kehlkopfsängern Khaijy (Kaichi) eingesetzt wird. Man hat in den langen Nächten die Gemeinde mit Liedern unterhalten, oft auch mit Instrumentenbegleitung, um diese wach zu halten oder ihnen über Dasein und von der kosmologischen Bedeutung zu berichten. Den Seelen von Verstorbenen wurde geholfen, sie wurden auf dem Weg zum Walde (Totenreich) begleitet.

Die Chakassen gehören einer türkischprechender Volksgruppe an, die im heutigen Südsibirien in der Autonomen Republik Chakassien am oberen Jenissei siedelt, umgeben von anderen türkischsprechenden Völkern im Osten, zum Sajangebirge hin von den Tuwiner und im Westen zum Hochaltai von den Altaiern benachbart. Im Norden zu Kemerowo leben zugewanderte Tataren aus der Krim und in der Region um Krasnojarsk mehrheitlich eine slawische Bevölkerung. Die Chakassen siedeln in Bergtälern, an Nebenflüssen des Abakan mit Taiga und in den teilweise weiten offenen Steppen am oberen Jenissei wie auch im Minusinsker Becken. Die Bevölkerung lebte vorwiegend als Nomaden mit Alpwirtschaft mit Sommer und Winterweiden und züchtete Vieh.

In ihrer
schamanistischen Tradition wirkt ein Pantheon mit Hilfsgeistern (tös), von denen jeder eine kanonische Darstellung in Form eines kleinen Idols (Amulettes) hat. Diese Idole sollen ihre Besitzer vor Krankheit und anderen Problemen schützen. Kommunikation mit übernatürlichen Kräften war Alltagspraxis, oder wurde zu besonderen Anlässen praktiziert, und von Schamanen zelebriert. Die Anrufungen bestehen aus persönlichen und gemeinschaftlichen Rezitationen und kurzen Lobpreisungen oder Anfragen an den "Besitzer" der Naturgeister (eeler) oder Berggeister (tagh eezî). Dabei handelt es sich um eine breite Palette von Tierlauten, die von Spezialisten und Schamanen zur Anrufung um die Hilfe von Tiergeister für Sessions benutzt wurden, um Geister zu manipulieren - Wahrsagen, Reinigung, Heilung oder Hexerei wurden immer von Spezialisten durchgeführt. Alaschy sind Personen, die mit Rauch durch brennenden Bergthymian (irben ot) mit gesprochenen Formeln zelebrierten. Diese Methode einer Reinigung ist heute noch üblich. Ein weiterer Spezialist (imchî = Heiler) wird oft konsultiert, der mit Kräutern und durch das Rezitieren von Gebeten die Krankheit abzuwenden versucht. Attribute, persönliche Gegenstände wie hölzerne Becher, Löffel, einen Schal oder Holzfiguren werden verwendet, um solche Geister darin zu verbannen. Sybyraghjy sind Hexen, die durch das Werfen schmutziger Objekte während einer Rezitation Unglück verursachen können. Ein Schamane (cham) wurde im Falle von Katastrophen, sowohl während des Tages als auch in der Nacht, innerhalb und ausserhalb eines Hauses, als auch ausserhalb von Siedlungen um Hilfe gerufen. Der Schamane hat seine Rituale mit Stimmen (Formeln oder Gebete) und mit Hilfe seiner Helfer (Hilfsgeister) zelebriert; mit Pfeifen, Schreien, Stöhnen, Ausrufen, mit Tierimitationen zu deren Anlockung für Hilfe, Sprechen von Texten, Rezitationen oder gesungenen Liedern. Die Schamanen (chams) haben auch eine Trommel verwendet, die Rahmentrommel tüür (lit. Haut) und die Maultrommel (timîr-khomys – Mundharfe). Die Trommel wird oft auf männliche Kraft bezogen und die Mundharfe einer weiblichen zugeordnet.

Die Chakassen unterscheiden mehrere Formen von Seele; khut; die Lebenskraft, tyn; den Atem, chula; das Feuer der Augen, die den Körper in der Nacht verlassen und herumlaufen. Die Technik der Heilung von Krankheiten besteht darin, durch Rückruf die Seele, die den Körper verlassen hat, oder den Geist, der die Seele belastet, in einen Gegenstand, meist eine geschnitzte Holzfigur, zu bannen. Khaghba, eine schützende Aura, wird auf die rechten Schulter eines Mannes gesetzt.
Ein Schamane hat die myghyra, die Hilfe durch den Clanbaum. Die Stämme haben einen Kraftplatz, auf dem ein heiliger Baum steht. Es ist verboten, diesen zu schneiden oder Holz von diesem zu nehmen, ohne ihn darum zu bitten. Die Lebenskraft khut soll auch in den Haaren enthalten sein. Frauen schützen ihre Lunge, den Atem (tyn), mit einem
pogho (1) oder rituellem Amulett, in der Regel eine mit Perlenstickereien verzierte Halskette. Andere Bereiche des Körpers, die ebenfalls rituell geschützt werden, sind die Oberseite des Kopfes (Bereich der Wahrheit syn) und das dritte Auge. Bei den Männern schützt ein besonderer Gurt den Bereich das dritte Chakra.

  • (1)Pogho – Frauen hatten in der chakassichen Gesellschaft eine wichtige Stellung inne, was in vielen Heldengedichten und Epen widergespiegelt ist. Weibliche Krieger waren grosse Helden im Kampf gegen äussere Feinde. Frauen tragen ein „pogho“, ein weibliches Brustornament aus der Kaurischnecke, mit Perlenknöpfen und farbenprächtigen Kügelchen, die in das Leder oder den Stoff genäht wurden; und wie sie leben, ist in bestimmten Geschichte erklärt, in welcher die Regeln in ornamentaler Form beschrieben sind. Die poghos bilden eine Brücke zwischen den Generationen und wirken gleichzeitig als spirituelles Schutzschild, das die weibliche Fruchtbarkeit schützt und somit Nachkommen gegen äussere Feinde sichert (animistisches Denken).

Man hat solche Schamanen-Sessions wieder belebt: das Schlagen der Trommel in Begleitung mit tiefer Stimme zum Rezitieren und mit seinem Assistenten, um die Geister anzurufen und um deren Hilfe anzufordern.

- weitere Informationen zum Schamanismus Schamanismus (Tengerismus) in der Mongolei
- weitere Informationen zum Schamanismus – Religion der Urvölker Sibiriens

Der
Burchanismus ist der Glaube an Himmelsgötter (Herrscher der oberen Welt) und Retter der Völker aus dem Paradies. Die Geschichte bezieht sich auf eine alte Legende über einen schlafenden Krieger der Vergangenheit. Im sechzehnten Jahrhundert hatte ein grosser Held die Mongolen besiegt, und ging in die Berge, um dort zu schlafen. Seine Form kann man erkennen, wenn man entlang der Strasse von Abakan nach Kyzyl fährt. Die Legende besagt, dass er zum Leben erweckt wird, wenn die Zeit reif dazu ist, die Menschen zu erlösen. Darin sind Wunschformen von Freiheit bei Unterdrückung durch eindringende andere Stämme eingekleidet.

- mehr Informationen siehe unter: Burchanismus


Es wurden Ornamente mit geschwungenen Linien und Blumenmustern gefunden. Ähnliche Muster können bei benachbarten Völker der Sajan-Altai-Region und den ehemals dort siedelnden Jakuten gefunden werden. Natürlich gibt es auch unterschiedliche Beispiele zwischen den Kulturen der Chakassen und denen der benachbarten Völker im Sajan-Altai. Leider wurde diese Ornamentik durch buddhistische Formen abgelöst, so dass deren Ursprünglichkeit und Deutung verloren ging. Die Chakassen kennen wie die Tuwiner, die Altaier und die westlichen Mongolen eine Form des Vortragens von Liedern mit Kehlkopfstimme. Gesang wird von einem Saiteninstrument begleitet. Es werden heroische Gedichte, Märchen und Sprichwörter vorgetragen.

Die Maultrommeln wurden mehrheitlich von weiblichen Schamanen gespielt. Im Altai und in Tuwa war das Spiel dieser Mundharfe in der Tat mehr weiblichen Kräften zugeordnet, waren hier doch die Nachahmung von Klängen in natürlicher Umgebung und die Kommunikation mit Geistern deren wichtigste Aufgabe.

- siehe mehr Informationen: Ornamente der Jakuten
- siehe mehr Informationen: Instrumente und Gesangstechnik der Chakassier


Eine orale Übermittlung ihrer Tradition ging mit der Russifizierung und dem Tod von Altmeistern verloren. Clantreffen, Zeremonien und schamanische Sitzungen wurden verboten, ebenso andere rituelle Aufführungspraxen an heiligen Orten. Das Vortragen epischer Texte mit ihrem Glauben an eine spirituelle Kraft und deren religiöse und ethnische Bedeutung waren nicht mehr erlaubt.

Verloren gingen Tabus sibirischer Völker, wie rituelle Handlungen des sich in Richtung der Sonne Bewegen oder im Uhrzeigersinn heilige Plätze zu umgehen. Die entgegengesetzte Richtung ist, in den Wald zu gehen, den Pfad des Todes zu folgen. Wenn eine Schlange den Weg kreuzt, müssen die Menschen umkehren. Die Mongolen lassen sich ihren günstigsten Reisetag aus dem Kalender bestimmen. Wenn aber der Start nach Süden gefährlich ist, so wird halt nach Westen gestartet und man macht anschliessend einen Bogen und setzt, wie geplant, den Weg nach Süden fort. Wenn ein Fuchs den Weg vor dem Haus kreuzt, muss man sofort umkehren. Wenn er ins Haus geht, kann man ruhig weiterfahren. Wichtig innerhalb der Gemeinschaften und Familien waren Clantreffen mit Ritualen und Ahnenkult an bestimmten heilig gehaltenen Orten, das sind üstegei, Punkte, die mit Kraft verbunden sind. Schamanen kennen mehr als 200 solche Standorte, die für Rituale bestimmt sind. Solche Orte sind in den Bergen, der Heimat der Geister, die in der Vergangenheit als Hilfsgeister den Schamanen gedient haben. Berge erscheinen in epischen Sagen und in der Geschichte als Treffpunkt des Himmels und der Erde. Sie stehen für eine Verbindung zur oberen Welt.

Menschen versuchten schon immer, Klänge der Natur und Geräusche bei der Arbeit zu kopieren. Jäger und Hirten nutzten die Laute der Tiere um sie zu rufen oder anzulocken. Dabei verwendeten sie verschiedene Flöten und Pfeifen. Dazu gehören diese Strohpfeife (syghyrtkhy), eine kleine Birkenpfeife (sybyskhy) und die grössere konische gesaugte Holztrompete (pyrghy). Diese Trompete wurde auch zur Eröffnung bei Clantreffen oder für Signale verwendet. Anrufungen und Gebete (alghys) zu den Geistern, heiligen Bergen und Stätten, zur Beschwichtigung der Geister, Dankesgebete für eine erfolgreiche Ernte oder Jagd, Segen zum Schutz der Gemeinschaft, der Kinder und Zauberformeln sind beinahe verloren gegangen.

Man spielte Lieder zur Brautwerbung oder zum Tanz bei Hochzeiten, zur Sonnenwende. Kreistänze (Rundtänze) werden nur von den Burjaten und Ewenken durchgeführt, ebenso gebräuchlich sind Tanzlieder bei Zusammenkünften (hier spielen Bewegung und Mimik eine besondere Rolle); Lieder im Sprechgesang von khaijy (kaichi), vorgetragene Improvisationen; rituelle und zeremonielle Lieder, Wiegenlieder, Totenklagen (Lamenti), wahre Geschichten oder epische Geschichten (nymakh). Man liess sich während des Spiels vom „Geist“, wörtlich "Besitzer", mit dem Geschenk versehen, sich inspirieren zu lassen. Manche Lieder wurden beim Reiten durch die Steppe oder die Taiga gesungen, oder wenn man zu Fuss unterwegs war, oftmals mit einer Laute oder Kastenzither begleitet. Bei den Chakassen war dies aber verboten, weil Singen in der Taiga als gefährlich galt. Mongolen erzählen oft im Rundzelt bei Treffen, wie viele „langen Lieder“ man mit dem Pferd unterwegs war. Die Chakassen kennen keine „langen Lieder“.

Singen war in der Regel im und um das Haus erlaubt und so lange es in einer Gruppe stattfand, auch ausserhalb der Dörfer und in offenen Steppen. Gesungen wurde bei Versammlungen, Festen, Jahreszeiten und zu bestimmten Zeremonien. Man durfte bei Tag und Nacht singen, rundum in aller Welt, die von Menschen bewohnt war - nicht aber in der Taiga, was als gefährlich galt. Verschiedene Lieder waren mit vorgegebenen Texten für alltägliche Situationen, Familienfeste, Wettbewerbe und Hochzeiten bestimmt. Sie konnten allein aufgeführt werden, alternierend zwischen zwei Personen in einem Dialog, in zwei Gruppen oder in Chorbegleitung. Texte waren strengen Vorgaberegeln unterworfen, zu Hochzeiten (Brautwerbung etc.) oder für Spiele. Improvisierte Texte wurden an Wettbewerben vorgetragen. In Zentralasien waren solche Wettbewerbe bei Zusammenkünften beliebt. Heute sind diese noch erhalten: Pferderennen, Ringen, Bogenschiessen, Lieder, Vorträge usw. In solchen organisierten aitys wurde auch der improvisierte Gesang (takhpakh) geschätzt. Hier konnten sich Darsteller in der Form eines Wettsingens mit improvisierten Texten beweisen und sich einen Platz in der Gemeinschaft erobern. Neben poetischen Rezitationen waren auch Einfallsreichtum, Witz und oft musikalische Begleitung gefragt. Sänger mit Schlagfertigkeit wurden zu regionalen Meister. Solche Sänger Khaijy (Kaichi = Barden), genossen eine ähnliche Stellung wie die Schamanen. Geschichten, die mit Kehlkopfstimme vorgetragen werden, erzählen von ihren Vorfahren, Helden und Führern. Junge Sänger wurden ausschliesslich von Meistern eingeführt - wie auch bei den Schamanen. Talente wurden in deren Kindheit gefördert. Solche intertribale Wettbewerbe brachten einen Austausch mit oral übermittelten Inhalten. Hier wurde auch das native Liedergut von Alghyschy (Volkssängern) bewahrt. In Legenden wird vom Überleben der Stämme erzählt, von der Wiedergeburt, vom Leben nach dem Tode, Einweihung in das Erwachsenenleben, über männliche und weibliche Energien, Respekt zur Natur und Heimat. Geschichtenerzählen wurde auch mit Heilkunst verbunden, wie in anderen Kulturen.

Junge professionelle Musiker kennen nur fragmentarisch das ältere Wissen in Bezug auf Text und Klang. Russifizierte Denkmuster behinderten ein ursprüngliches Verständnis. Doch in den letzten Jahren haben Musiker sich diesem Wissen wieder genähert und es aufgenommen, sorgfältig studiert und mit Altmeistern darüber diskutiert. Sie haben die historischen, ethnographischen und philosophischen Überlieferungen einer "traditionellen" Kultur, Kunst und Religion aufgearbeitet und sich nicht mehr mit den Mustern dieser sowjetisch rekonstruierten "Volksmusik" zufrieden gegeben. Sie fingen an, ihre musikalischen und spirituellen "Wurzeln" zu erforschen, ein objektiv orientierten Ansatz, womit ihre Musik für eine Wiederbelebung mit deren philosophisch-kosmologischer Vorstellung praktiziert wird.

Künstler haben diese Tradition wieder entdeckt und sich auf die Suche nach authentischen Mustern ihrer Vorfahren gemacht: in der darstellenden Kunst, im Theater, in zeremoniellen Praktiken, Schamanismus und ihrem musikalischen Erbe im Vortragen von Anrufungen und Gebeten (alghys).

Verbunden mit ihrem damaligen Weltenbild eines Animismus und dem Erzählen von Herkunft und Leiden werden Heldensagen (Epen) wieder vorgetragen - mit Kehlkopfstimme, mit einer Laute oder der Boxzither, dem heiligen Instrument, begleitet. An Abenden oder langen Winternächten, zur Totenwache und vor Jagden werden solche Lieder heute wieder gebraucht und auch von Frauen vorgetragen.

- weitere Informationen sind zu finden unter: Archäologische Funde der Steppenkulturen – aus dem eurasischen und zentralasiatischen Raum:

© Albi 2012, korrekturgelesen von Hermelinde Steiner – Februar 2013


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